Thüringer Landesregierung Grüne sägen eigenen Minister ab

Sebastioan Haak , aktualisiert am 09.01.2023 - 13:43 Uhr

Die Thüringer Grünen nutzen den Rückzug von Umweltministerin Siegesmund für eine Neuaufstellung bei ihren beiden Ministerposten. Opfer ist Migrationsminister Adams. Die Grünen wollen ihn loswerden – gegen seinen Willen. Muss Ministerpräsident Bodo Ramelow entscheiden?

 
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Die Grünen wollen ihren Migrationsminister Dirk Adams (hier bei einem Besuch in der Suhler EAE) loswerden. Foto: dpa/Michael Reichel

Thüringen wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einen neuen Migrationsminister oder eine neue Migrationsministerin bekommen. Die Spitze der Landes-Grünen will den bisherigen Amtsinhaber Dirk Adams durch eine neue Person ersetzen. Adams selbst bestätigte am Montagmorgen entsprechende Gerüchte, die sich in den Stunden zuvor mehr und mehr verdichtet hatten. Er selbst wolle aber nicht zurücktreten, schrieb er in einer Mitteilung. In der derzeitigen Situation könne er, „aus Verantwortung gegenüber meinem Ministerium“, der Aufforderung, sein Amt aufzugeben, nicht nachkommen. „Derzeit erleben wir ein überaus anspruchsvolles Ankunftsgeschehen, wichtige Entscheidungen beim Generationswechsel an unseren Gerichten und enorme Herausforderungen beim Schutz unserer Verbraucherinnen und Verbraucher.“ Er werde seine Pflichten und Aufgaben als Minister daher weiter wahrnehmen und seine „ganze Kraft in den Dienst des Freistaats Thüringen stellen“.

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Allerdings stehe es den beiden Landessprechern der Grünen, Ann-Sophie Bohm und Bernhard Stengele, frei, bei Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) seine Entlassung aus dem Ministeramt zu beantragen, schreibt Adams in der Mitteilung auch.

Aus Kreisen der Grünen hieß es anschließend, Bohm und Stengele würden nun diesen Weg gehen. Für den Montagnachmittag hat der Grüne-Landesverband zu einer Pressekonferenz eingeladen, um einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin für Adams und wohl auch für Thüringens Umweltministerin Anja Siegesmund (Grüne) zu präsentieren.

Wer die beiden Ministerposten übernimmt, war Montagmittag noch unklar. Aus der fünfköpfigen grünen Landtagsfraktion werden die Nachfolger nicht kommen, stellten Fraktionsvorsitzende Astrid Rothe-Beinlich und die parlamentarische Geschäftsführerin Madeleine Henfling klar. „Die Fraktion wird sich nicht verändern“, sagte Henfling der dpa.

Siegesmund hatte kurz vor dem Jahreswechsel erklärt, ihr Amt aufgeben zu wollen. Sie hatte sich mit den Zuständen innerhalb der rot-rot-grünen Minderheitskoalition unzufrieden gezeigt und überdies „persönliche Gründe“ angeführt. Die fast 46-jährige Siegesmund und der 54-jährige Adams waren jahrelang politische Weggefährten gewesen.

Nach Informationen unserer Zeitung hat die absehbare Abberufung von Adams nicht nur damit zu tun, dass selbst viele seiner Parteifreunde unzufrieden damit sind, wie er in der aktuellen Flüchtlingskrise gehandelt hat. Es soll für die Grünen auch ungeheuer schwierig gewesen sein, einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin für Siegesmund zu finden – und die Suche nach einer solchen Person soll auch unmittelbare Auswirkungen auf die politische Zukunft von Adams gehabt haben. Nach den internen Grüne-Machtgesetzen müssen die beiden Häuser, die die Partei innerhalb der Thüringer Landesregierung führt, von einem Mann und einer Frau geleitet werden.

Die CDU attestierte der rot-rot-grünen Minderheitsregierung angesichts des innergrünen Zwist einen „katastrophalen Zustand“ und einen „Zerfallsprozess“. „Die Ramelow-Regierung ist eine bröckelnde Chaosregierung“, erklärte Generalsekretär Christian Herrgott und ergänzte: „Auf offener Bühne trägt der grüne Teil der Ramelow-Regierung die Folgen seiner gescheiterten Flüchtlingspolitik aus.“