Thüringer helfen Sechs Jahre später: "Danke, uns geht's supi!"

Ulrich Hubert
Der durch Leserspenden von Freies-Wort-hilft finanzierte Pkw im Hintergrund ist das gute Stück der Familie Öztürk. Für die Alltagsfahrten mit dem schwerstbehinderten Sohn Evan im Ort bevorzugt hier Nurettin sein E-Bike mit Spezialanhänger. Foto: uhu

"Was machen eigentlich...?" Dieser häufig gestellten Leserfrage zum Schicksal von Menschen, denen durch "Freies Wort hilft" vor Jahren Hilfe zuteil wurde, gehen wir an dieser Stelle in loser Folge nach. Heute: Familie Öztürk aus Viernau.

 
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Was für ein liebevoll-führsorglicher Papa: Nurettin Öztürk macht an diesem Juli-Tag seinen Sohn Evan-Rony zur Ausfahrt durch den Heimatort mit dem speziellen Anhänger seines Elektrofahrrades fertig. Der nur scheinbar abwesend wirkenden Physiognomie des Kindes, bei dessen Geburt am Ostersonntag 2009 in einer Hamburger Klinik so ziemlich alles schief lief, ist aufgeregte Vorfreude anzumerken.

Der geistig-körperlich behinderte Sohn des Ehepaares Öztürk blieb zu lange im Geburtskanal, erlitt Sauerstoffmangel, musste sogar wiederbelebt werden, erinnerte sich die heute 48-jährige Mutter Jeannette damals, vor dem Spendenaufruf von "Freies Wort hilft". Die Familie benötigte dringend ein Auto, um Evan-Rony zu Therapie-Terminen fahren zu können. Die Solidarität der Leser war überwältigend.

Das ermöglichte , den geräumigen Kastenwagen maßgeblich mit zu finanzieren. "Mit viel Platz für den Reha-Buggy, unseren Jungen, seine Schwester Yasmin und uns. - Dieser Caddy rollt und rollt", sagte Mutter Jeannette jetzt auf die erste "Wie geht's Euch inzwischen?"-Nachfrage. Und: "Danke, uns geht's supi."

Dass es gut geht, liegt auch am engen Kontakt zu Familie Knedliks "Weiberwirtschaft" in Ilmenau-Unterpörlitz, den Familie Öztürk geknüpft hat: Zur alleinerziehenden Mutter Jacqueline und ihrer großen Tochter Lucy samt schwerstbehinderter kleiner Schwester Cora - den Begünstigten der Weihnachtsaktion 2016 von "Freies Wort hilft".

"So etwas verbindet doch, lässt uns viele Erfahrungen austauschen", sagt Papa Nurettin in Viernau. Und strahlt dabei trotz des Schicksals des kleinen Evan-Rony so etwas wie Glück aus. "So, jetzt sitzt du gut in deiner Kutsche", sagt er und streichelt seinem Sohn über den Kopf.

Heute hat der Papa "Dienst" daheim. Mama Jeannette ist auf Spätschicht. Die stolze Antwort auf die Frage "Und wo?" vermag näher zu erklären, wie sie das mit dem "...supi!" auch meint.

Das hat mit Heimat zu tun. Die Südthüringerin und ihr Mann Nurettin, den sie einst im Urlaub in seiner türkischen Heimat Antalya kennengelernt hatte, waren auf Job-Suche nach Hamburg gezogen. Nach dem fast tödlichen Ausgang der Geburt ihres gemeinsamen Kindes in der Hansestadt, wollten sie zurück nach Südthüringen.

Hier sagt Jeannette Öztürk nun: "Wir haben uns jetzt in Suhl eine Existenz aufgebaut. Einen orientalischen Frisiersalon namens Haarem. Dank einer versierten Friseurmeisterin und drei Mitstreitern."

Nurettin hebt den Zeigefinger: "Hier, eben hat Evan sie fürs Foto angelacht." Dann tritt er in die Pedale seines E-Bikes, dreht sich nochmal um, sagt "Tüm sayesinde!".

Den "Dank an alle" unterstreicht auch Jeannette mit der neuesten guten Nachricht: "Evans viele Therapien zeigen Erfolge. Diese Woche kam nun auch die Augensteuerung für die Alltags-Kommunikation mit seiner Umgebung. Jetzt muss Mama mit dem Sohnemann den Gebrauch aber tüchtig üben."

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