"Als ob unser Bogdan morgen aus Thüringen wieder heim käme", sei es für sie und ihre Söhne noch heute. Da musste sie sehr schweren Herzens die Einladung des Forstamtes vorerst ausschlagen, gemeinsam mit ihren Kindern des 5. Todestages ihres Vaters am Ort des Unglücks zu gedenken. "Besonders mein großer Sohn, der noch heute nicht glaubt, dass sein Vater bei der Beerdigung im großen, kalten Sarg da vorn lag, ist seelisch sehr krank und schwierig geworden", so Joanna gestern. Unter Tränen begründend, warum sie ihren Patric (er besucht eine integrierende Sonderschule) zu einer derart langen Reise und der Konfrontation mit der Wirklichkeit für nicht fähig hält.
"Auch meine Schmerzen und Träume über Bogdan gehen nicht weg, am liebsten wäre ich dort, wo mein Mann, meine erste, einzige und letzte große Liebe jetzt ist... Aber ich bin für unsere Kinder verantwortlich, muss Mutter und Vater zugleich sein", so Joanna weiter. Gerade kommt Joanna vom Grabbesuch auf dem nahen Friedhof zurück: "Dort frage ich Bogdan immer, ob ich denn auch alles richtig mache mit den Jungs und mit meinem winzigen Zuverdienst zur Hinterbliebenenrente."
Nach einer vielsagenden, längeren Pause am anderen Ende der Leitung sagt Joanna Kucharska: "Mir ist zwar, als sei mein Leben durch Bogdans Tod schon vorbei. Doch wenn ich sehe, wie unser kleiner Pawel eine Sechs nach der anderen in Deutsch aus der Schule heim bringt - in Polen die Bestnote! - und auch meine Deutschkenntnisse verbessert: Der kleine Kerl ist stolz auf das Land, in dem Vati arbeitete und wo wir so liebe Unterstützung bekamen. Pawel will nur ihre Sprache, nicht Englisch lernen!"
Zu Wochenbeginn, als absehbar war, dass die Reise namentlich wegen des seelisch labilen großen Sohnes abgesagt werden müsse, fragte Joanna den jüngeren Sohn, "möchtest du sehen, wo dein Papa verunglückte?" Er habe noch seine Ängstlichkeit bekannt, so Joanna. Und hofft dennoch, dass sie ihren Söhnen noch dieses Jahr (Zitat) "all die Spezialmenschen" vorstellen kann, die ihren Vater sehr schätzten, seiner fernen Familie halfen. Und noch immer einige verspätete Spendeneingänge für sie haben, die sie gern mit besten Wünschen überreichen wollen.