Weißensee - Der Runneburgverein in Weißensee (Kreis Sömmerda) sucht für seine 18 Meter hohe Steinschleuder einen Käufer. Die Anschaffung des «teuflischen Werkzeugs», wie es Chronisten nannten, sei allerdings nur für jemanden sinnvoll, der die Kapazitäten für mehrere hundert Meter weite Steinwürfe habe.

Das sagte Vereinsvize Thomas Stolle in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Die in jahrelanger Kleinarbeit nachgebaute Schleuder gilt als einziger deutscher Originalnachbau. Das Vorbild für die Schleuder hatte im Jahr 1212 Kaiser Otto IV. bei der sechswöchigen Belagerung der Runneburg einsetzen lassen.

Der Verkauf sei nötig, weil sich der Verein im Streit mit der Thüringer Schlösserstiftung auflöse und Verbindlichkeiten begleichen müsse, sagte Stolle. Vereinsmitglieder hatten in den 90er Jahren die Schleuder nach Plänen des Frankfurter Konstrukteurs Werner Freudemann nachgebaut. «Wenn man sie noch mal so bauen wollte, müsste man 100.000 bis 150.000 Euro einsetzen», sagte Stolle.

Verkaufsgespräche gebe es etwa mit Blick auf die niedersächsische Landesausstellung über die Welfen. Sie soll zum 800. Jahrestag der Kaiserkrönung des Runneburg-Belagerers Otto IV. am 8. August in Braunschweig eröffnet werden. «Wir könnten die gegen die Runneburg eingesetzte Schleuder also quasi 800 Jahre später zurückgeben», sagte Stolle. Allerdings sei die Vorbereitung der Schau offenbar so weit fortgeschritten, dass es keinen Etat für einen Ankauf der derzeit für 22.000 Euro angebotenen Schleuder gebe.

In Weißensee kam sie seit 1997 mehrmals jährlich bei Festen zum Einsatz - mit bisher erst einem bekannt gewordenen Fehlwurf in ein Laubendach. An diesem Samstag soll noch ein nächtliches Schießen mit einer brennenden Kugel stattfinden, außerdem gebe es möglicherweise noch einen Einsatz zu Pfingsten. «Ab dann soll die Schleuder möglichst nicht mehr in Thüringen und auf keinen Fall auf der Runneburg stehen», sagte Stolle.

Hintergrund dafür ist ein jahrelanger Streit mit der Thüringer Schlösserstiftung um Finanzen und Konzept. Den endgültigen Anstoß für die Auflösung des Vereins habe die Entscheidung der Stiftung gegeben, die 840 Jahre alte Landgrafenburg nach historischen Recherchen in «Burg Weißensee» umzubenennen. «Wir erfuhren von der Streichung des in Fremdenführern und bei der Vermarktung etablierten Namens 'Runneburg' aus der Zeitung.»

Der Verein habe mit Festen und Konzerten jährlich rund 30.000 Besucher auf die Burg geholt, sagte Stolle. Anziehungspunkt für tausende von Gästen seien Mittelalter-Rockbands, Burgfeste und ähnliche Events gewesen. «Nur die schönen Kapitelle der Burg erzielen keine solche Massenwirkung.» Auch das bislang vom Verein betreute Museum alleine ist nach Stolles Ansicht kein Publikumsrenner und arbeitet zudem nicht Kosten deckend. «Jeder private Schlossherr im Westen, und wenn er noch so hochadlig ist, stellt sich im Kostüm auf ein Schlossfest und bietet nicht nur Kammerkonzerte», sagte Stolle. Der Streit um Konzepte führe nun dazu, dass bis zum Jahresende das Vereinsvermögen, darunter eine historische Sammlung, liquidiert und der seit 18 Jahren aktive Verein aufgelöst werden. (dpa)

Internet: www.runneburg.de