Berlin - Rund 20 500 Menschen, die Leid und Unrecht in DDR-Kinderheimen erfahren haben, haben sich bis Ende August in den dafür zuständigen Beratungsstellen gemeldet. Noch bis Dienstag können sie dort Ansprüche an den Hilfsfonds «Heimerziehung in der DDR» stellen. Dann läuft die Frist aus. Vor allem von Juni bis August sei das Interesse sehr stark angestiegen, sagte Michael Stahl vom Bundesfamilienministerium. Allein in diesem Zeitraum hätten sich 5500 Betroffene gemeldet. Ehemalige Heimkinder, die an Spätfolgen von Misshandlungen oder Arbeitszwang leiden, können Geld für Beratungen, Therapien und Sachleistungen beantragen. In der DDR gab es nach Schätzungen rund 400 000 Heimkinder.

Betroffene müssen bis Dienstag noch keine Anträge auf Leistungen einreichen, sondern lediglich erklären, dass sie als Heimbewohner Folgeschäden erlitten haben, sagte Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD). «Damit halten wir unser Versprechen. Wer in Heimen der DDR Leid und Unrecht erlebt hat und bis heute unter den Folgen leidet, kann die Hilfen des Fonds bis 2017 in Anspruch nehmen.»

Die genaue Zahl der Antragsteller wird erst nach dem Stichtag feststehen. Der Hilfsfonds speist sich je zur Hälfte aus Mitteln des Bundes und der ostdeutschen Länder. Wegen der unerwartet hohen Nachfrage waren die ursprünglich geplanten 40 Millionen Euro schnell verplant. Im Februar einigten sich Bund und Ost-Länder auf eine Aufstockung um bis zu 200 Millionen Euro.

In Sachsen haben sich bis Ende August 4911 Betroffene gemeldet, in Thüringen 3350, im Ostteil Berlins 3524. In Brandenburg kamen 2983, in Sachsen-Anhalt 2878 und in Mecklenburg-Vorpommern 2694.

In allen ostdeutschen Bundesländern gibt es Beratungsstellen für Betroffene. Einige leiden bis heute psychisch unter ihren Erlebnissen. Andere haben wegen fehlender Schul- und Berufsausbildung ihr Leben lang in Aushilfs-Jobs gearbeitet und erhalten wenig Rente.

Finanzielle Unterstützung - in der Regel bis zu einer Höhe von 10 000 Euro - gibt es neben Therapien zum Beispiel für einen alters- oder behindertengerechten Umbau der Wohnung. Denn viele ehemalige Heimkinder sind heute im Seniorenalter. Zudem geht es um Rentenersatzleistungen. Denn wer in DDR-Heimen hart arbeiten musste, erhielt nicht selten wenig Lohn - uns keine anerkannte Ausbildung. Oft zahlten die DDR-Heime auch keine Sozialbeiträge.