Nein, sagt Anh Hoang Vu, er habe nicht geweint am Flughafen. Anders als viele andere seiner Landsleute, deren Bilder vor wenigen Minuten über zwei große Flachbildschirme geflimmert waren. Junge Menschen mit tränenverschmierten Gesichtern waren da oft zu sehen gewesen. Teilweise lagen sie in den Armen älterer Vietnamesen, denen ebenfalls die Tränen in den Augen standen. Weil auch ihre Eltern wussten, dass sich die Kinder in ein anderes, weit entferntes Land verabschiedeten. Mal schnell am Wochenende nach Hause fahren, wie das bei deutschen Auszubildenden oft möglich ist, die für die Lehre in eine fremde Stadt gehen, ist für sie alle nicht möglich. So, wie das auch für Vu nicht möglich ist. Doch der junge Mann sagt einen bestimmten Satz mit einer Gelassenheit, dass man kaum anders kann, als ihm zu glauben, dass ihm der Abschied von seiner Familie zwar schwergefallen sein mag. Dass er aber nicht tränenreich war. "Es gehört zum Erwachsensein dazu, von seiner Familie getrennt zu sein."