Thüringen Studie zu Rassismus in Polizei notfalls im Alleingang

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In Westen gekleidete Polizisten. Foto: Silas Stein/dpa

Seit Wochen wird darum gestritten, ob es in Deutschland eine Studie zum Rassismus in der Polizei geben muss. Sollte sich der Bundesinnenminister dem weiterhin verschießen, könnte es auch einen Alleingang von Thüringen geben.

 
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Meiningen - Unabhängig von der Haltung des Bundes, soll es in Thüringen nach dem Willen führender Vertreter der rot-rot-grünen Regierungskoalition eine Studie zu rechten und rassistischen Einstellungen in der Polizei geben. Sollte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) bei seiner Ablehnung eines solchen Projekts bleiben, werde Thüringen "notfalls alleine" eine solche Studie für die Thüringer Polizei in Auftrag geben, sagte Landesinnenminister Georg Maier (SPD) am Freitag am Rande eines Besuchs der Polizeischule in Meiningen.

Denkbar sei allerdings auch, dass sich Thüringen dabei mit anderen Bundesländern abspreche und es entsprechend eine gemeinsame Studie gebe. Er wolle dazu das Gespräch mit anderen SPD-Innenministerin der Länder führen, sagte Maier. Auch aus den regierungstragenden Fraktionen hieß es, man wolle eine Studie zu rechten und rassistischen Einstellungen in der Polizei auf jeden Fall auf den Weg bringen.

Seit Wochen wird darüber debattiert, ob es auch in deutschen Polizeibehörden einen strukturellen Rassismus gibt und ob als Folge dessen zum Beispiel Menschen nur deshalb auf der Straße von Beamten kontrolliert werden, weil sie eine dunkle Hautfarbe haben. Schon als sich in Thüringen in der vergangenen Legislaturperiode eine Enquete-Kommission des Landtages mit dieser Frage beschäftigt hatte, war sie äußerst kontrovers diskutiert worden. Während zum Beispiel die Vertreter von Migrantenorganisationen immer wieder erklärt hatten, das sogenannte Racial Profiling sei Alltag auch in Deutschland, hatten viele Polizeivertreter solche Vorwürfe scharf zurückgewiesen. Zuletzt hatte sich allerdings auch der Vorsitzende des Thüringer Landesverband der Gewerkschaft der Polizei, Kai Christ, offen für eine Studie zu dem Thema gezeigt. Seehofer hatte sich zuletzt dagegen ausgesprochen, eine Studie über rechte Einstellungen in der Polizei in Auftrag zu geben.

Maier sagte, zwar sei noch unklar, wer genau eine solche Studie machen solle. Doch sei ihm dabei wichtig, dass "die zu Untersuchenden" - also Polizisten - auch an deren Erstellung mit beteiligt würden. Nur so könne die Studie auch von möglichst vielen Polizisten akzeptiert werden. Die Untersuchung solle dazu beitragen, "dass wir raus kommen, aus den emotionalen Amplituden, in denen wir uns bewegen, wenn wir über das Thema sprechen", sagte er. "Ich schließe mich da selbst mit ein."

Nach Angaben unter anderem der SPD-Innenpolitikerin Dorothea Marx und des Linke-Innenpolitikers Steffen Dittes arbeitet die rot-rot-grüne Koalition inzwischen an einem konkreten Antrag, um eine solche Studie zu ermöglichen und auch zu finanzieren. Der Landtag müsste das Geld für die Untersuchung bereitstellen. Der Antrag soll voraussichtlich im September in Plenum des Landtages eingebracht werden.

Gleichzeitig zeichnet sich ab, dass bald auch erneut dazu geforscht werden wird, warum es zuletzt vermehrt zu Angriffen auf Polizisten und Rettungskräfte kommt. Dittes sagte, die dazu schon vorhandenen Ergebnisse von wissenschaftlichen Studien durch neue Befunde zu ergänzen, könne dazu dienen, eine möglichst vollständiges Bild davon zu bekommen, in welchen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen Polizisten heute handelten.

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