Erfurt - Als Konsequenz aus dem Amoklauf mit 17 Toten an einem Erfurter Gymnasium vor 14 Jahren ist die Polizeiausbildung in Thüringen ergänzt worden. Nach Angaben der Gewerkschaft der Polizei (GdP) wurde ein Training zum Vorgehen bei Amokläufen für alle Polizisten im Streifendienst eingeführt. «Dass muss jeder mindestens einmal absolviert haben», sagte der GdP-Landesvorsitzende, Kai Christ, am Montag. Es handele sich dabei um eine einwöchige Schulung.

«Nach meinem Wissen haben alle infrage kommenden Polizisten im Vollzugsdienst dieses Training bereits durchlaufen», sagte der Gewerkschaftschef. Zudem gebe es ständig Schulungsangebote. Bei neu eingestellten Polizeianwärtern sei der Umgang mit Amoksituationen bereits Bestandteil der Ausbildung. Das Innenministerium bestätigte, dass es regelmäßige Trainings in der Ausbildung von angehenden Polizisten gebe. Auch Beamte, die seit Jahren im Dienst sind, nähmen an Fortbildungen zum Umgang mit Terrorlagen teil. Laut Ministerium werden Einsatzpläne stets den aktuellen Erkenntnissen angepasst.

Christ sieht die Thüringer Polizei für solche Einsätze «recht gut aufgestellt». «Wir hatten leider unser Gutenberg.» Unter den Toten bei dem Blutbad 2002 war auch ein Polizist, der als einer der ersten zum Tatort im Gutenberg-Gymnasium gekommen war. Der Amokläufer (19) von Erfurt - ein ehemaliger Schüler - hatte elf Lehrer, eine Sekretärin, zwei Schüler und den Polizisten erschossen. Danach tötete er sich. Auch in München hatte sich der Täter selbst gerichtet, nachdem er bei einem Amoklauf neun Menschen erschossen hatte.

Während ihres Einsatzes am vergangenen Freitag hatte die bayerische Polizei über Twitter und Facebook mit der Bevölkerung kommuniziert. Bei den Thüringer Kollegen läuft dazu seit wenigen Monaten ein Pilotprojekt. Nach Angaben des Innenministeriums befassen sich sechs Personen damit. Das Projekt ist zunächst auf ein Jahr angelegt. Die Polizei wolle verstärkt soziale Medien als Kommunikationsplattform nutzen. Man habe die Notwendigkeit dafür erkannt, hieß es.

Gewerkschaftschef Christ bekräftigte die GdP-Forderung nach Einstellung von jährlich mindestens 200 Polizeianwärtern im Vollzugsdienst. «Das ist keine Reaktion auf die Ereignisse in Bayern, sondern ein Erfordernis, das sich in Thüringen stellt.» Bei 200 Neueinstellungen könnte der Personalschwund aufgehalten werden, der durch Pensionierungen entstehe. «Wir brauchen mehr Präsenz der Polizei auf der Straße», sagte Christ.

In der erneut entflammten Diskussion über die Rolle bestimmter Computerspiele bei Gewalttaten warnte die Thüringer Landesarbeitsgemeinschaft Jugendschutz vor vorschnellen Schlüssen. «Aus einem so komplexen Ursachen-Gefüge wieder die Computerspiele herauszupicken, halte ich für übertrieben», sagte Medienfachreferent Ingo Weidenkaff. «Das ist alter Wein aus neuen Schläuchen.» Bereits bei früheren Amokläufen Jugendlicher waren Forderungen nach Einschränkungen und Verboten von Computerspielen laut geworden.

Laut Polizei hatte sich der 18-jährige Täter von München vermutlich an Killerspielen orientiert. In der Politik werden Konsequenzen daraus diskutiert. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte brutale Internetvideos und Computerspiele für Gewaltexzesse mitverantwortlich gemacht. Die LAG Jugendschutz gehört zu jenen Gremien, die etwa Filme auf jugendgefährdende und gewaltverherrlichende Inhalte überprüfen. dpa