Mit ihrer kurzen Helene-Einlage werden sie freilich nicht den beiden hochkarätigen internationalen Stars der Zumba-Szene die Show stehlen. Kass Martin aus Utah und der in Spanien lebende Belgier Steve Boedt heizen den fitnessbegeisterten Gästen im Bergwerk mit ihren Choreografien ein. Die zwei sind seit über einem Jahr gemeinsam auf fünf Kontinenten unterwegs. Eine Station ihrer Welttournee: Merkers. Steve stand dort bereits im 2017er Juni zur ersten "Tiefsten Zumba-Party der Welt" vor den mehr als 400 Fans auf der Bühne. Vermeintlich fröstelnd. Nach nur wenigen Minuten rann selbst dem Profi der Schweiß.
Kein Rekord-Eintrag
Apropos: Tiefste der Welt! Ins Guinness Buch der Rekorde schaffte es das Event - wie angestrebt - leider nicht. "Sehr schade", findet das auch Sandra Kretzing, die aus Pinneberg in Schleswig-Holstein stammende Veranstalterin. Die Ablehnungs-Begründung kann sie nicht verstehen. Den Rekordwächtern war das untergründige Zumba-Fest offenbar nicht einzigartig genug. "Der zwei Monate zuvor dort erfolgte 'tiefste Haarschnitt' hingegen schon", wundert sich Sandra. Egal. Für die Fitness-Trainerin und die buntgekleideten Gäste, die aus ganz Deutschland, Österreich, der Schweiz, Belgien, Spanien und sogar Kanada anreisten, ist und bleibt es die tiefste Zumba-Party der Welt. Sie haben ihren Freizeit-Sport in der besonderen Atmosphäre unter Merkers genossen. "Und das Beste: Viele wollen wiederkommen. Die Nachfrage war und ist enorm", bestätigt Sandra. Der Kartenverkauf für die zweite Auflage am 23. Juni 2018 läuft. "Party, Sport und Spaß sind wichtiger als ein Rekord-Eintrag. Alle, die Freude an Zumba haben, können tanzen, quatschen und nette Leute treffen," sagt die 50-Jährige und betont das Alle. Sie weiß, dass viele große Events mit internationalen Stars oft nur für die sogenannten Instruktoren (Trainer) ausgelegt sind.
Stabile Bühne
Unter Tage in Merkers werden die Zumba-begeisterten Frauen und Männer im Juni 2018 von mindestens elf Trainern angespornt. Dann wird der Konzertsaal unter der Erde wieder zur Zumba-Hochburg. Drei Stunden Fitness, HipHop, Aerobic... Von lateinamerikanischen Rhythmen über getwisteten Rock'n Roll, bis hin zu internationalen Klassikern. Es wird getanzt und geschwitzt. Gefühlt steigen da die 19,8 Grad unter Tage schon mal auf 30. Frei nach Helene Fischer geht es dann wirklich fast atemlos durch den Schacht. Bei der ersten Party glaubte mancher selbst Alf - den größten untertägigen Schaufelradbagger der Welt - mitwippen zu sehen.
Der Bühnenboden im Großbunker des Bergwerkes ist also bereits Zumba-erprobt und selbstverständlich stabil. Die Double-Helene wird dort - wie am Rande eines Glasbachrennens in Bad Liebenstein tatsächlich geschehen - nicht wieder stecken bleiben. Vor Malheurs wie dem beim jüngsten Stadtfest in Bad Salzungen abgebrochenen Absatz ist Florian beim Zumba zwar nicht gefeit. Nahezu ausgeschlossen ist aber, dass er zum fast originalgetreuen rückenfreien blauen Helene-Outfit Turnschuhe trägt. Selbst im Bergwerk nicht.
Woher stammt eigentlich die geniale Helene-Double-Garderobe? Mit den gerademal Unkosten deckenden Gagen für ihre Auftritte können die Double-Show-Dancer aus dem Wartburgkreis keine Designer engagieren. Schon gar nicht für ein Outfit wie das aufwendige Wasserfallkleid aus der neuen Fischer-Show. Das soll einer Zeitung mit vier Buchstaben zufolge etwa 24 000 Euro gekostet haben.
Bei der Helene-Double-Dance- Show ist alles selfmade. Florians Mutter Walburga hat als gelernte Dekorateurin ein absolutes Händchen dafür. Und die praktischsten Ideen obendrein. Wie für den Hauch von Nichts, der fast nur aus riesigen blauen Spitzen auf Schultern und Hüfte besteht. Statt echter Kristalle trägt die Helene aus Etterwinden dort nämlich mit Stoff beklebte Spritzdüsen von Kartuschen aus dem Baumarkt. Und die tausenden Pailletten auf dem roten, eng anliegenden Dress? Die hat Walburga Kampf alle aufgebügelt und -geklebt. Für jede neue Show näht sie zwei bis drei Helene-Outfits nach. "Ohne meine Familie und Freunde wären die Auftritte bei Partys, Familien und Firmenfeiern gar nicht zu stemmen", ist Florian dankbar. Mit dabei sind meistens nämlich auch Vater Renato (Fahrer und Techniker) und mittanzend Schwester Franziska.
Wie lange er noch in die Rolle der Helene schlüpfen will? "So lange der Hype anhält oder bis ich zu fett für die engen Bühnen-Bodys bin", lacht der 25-Jährige. Letzteres dürfte bei fünf Mal Zumba-Training in der Woche gewiss nicht so schnell eintreten.
Bis dahin trifft "Helenchen", wie einige seiner Grundschüler ihren Erzieher Florian nennen, ja vielleicht doch nochmal auf die echte Helene. Und zwar nicht nur am Rand ihrer großen Bühne.
Jetzt, nach dem eigenen Auftritt fordert Marcel, der Choreograf, aber erst mal sein Handtuch ein. Mit dem tupft sich Florian immer noch die langen blonden Perückenhaare ab. Tanzen verbindet eben. Auch beim Schwitzen.