Sozialassistenten und Kinderpfleger sollen die Personalnot an Thüringer Kindergärten lindern. Bis zu zehn Prozent des Personals an einer Kita sollen künftig aus diesen beiden Berufsgruppen kommen dürfen, wie das Bildungsministerium am Mittwoch mitteilte. Zuvor hatte der MDR darüber berichtet. Grund für die Lockerung der Einstellungspraxis seien unter anderem die «Herausforderungen im Personalbedarfsmanagement» aufgrund der Corona-Pandemie, hieß es. Das Thüringer Kindergarten-Gesetz müsse dafür nicht geändert werden.

Das Gesetz gibt einen Mindestpersonalschlüssel vor, wie viele Kinder in einer bestimmten Altersgruppe maximal von einer pädagogischen Fachkraft betreut werden sollen. Daraus ergibt sich wiederum eine Mindestzahl pädagogischer Fachkräfte, über die ein Kindergarten verfügen muss. In der Regel sind dies staatlich anerkannte Erzieherinnen und Erzieher.

Allerdings räumt das Gesetz dem Bildungsministerium auch ein, Personen mit anderen Abschlüssen als geeignet anzuerkennen. Davon will das Ministerium nun Gebrauch machen. Konkret sollen staatlich geprüfte Sozialassistenten mit Betriebspraktikum und staatlich geprüfte Kinderpfleger als geeignetes Personal anerkannt werden. Allerdings dürfen sie keine Kita-Gruppen leiten. Außerdem ist die neue Regelung befristet bis Ende Juli 2023.

Die CDU-Fraktion sprach von einem Offenbarungseid der Landesregierung. «Die Entscheidung zeigt die Hilflosigkeit des Bildungsministeriums bei der Bekämpfung des Erziehermangels an Thüringer Kindergärten», erklärte der bildungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Christian Tischner. Die Personalplanung sei katastrophal. «Wer die Personalschlüssel anhebt, ohne dass der Arbeitsmarkt das hergibt, braucht sich nicht wundern, wenn am Ende noch mehr Erzieher fehlen», sagte Tischner.

Mit einer Novelle des Kindergarten-Gesetzes hatte das Parlament mit den Stimmen von Linke, SPD und Grünen im vergangenen Jahr den Betreuungsschlüssel für Vierjährige in den Kindergärten verbessert. Demnach kommen auf eine pädagogische Fachkraft nur noch 14 Kinder. Vor dem Inkrafttreten des Gesetzes waren es 16 Mädchen und Jungen.

In den jährlichen Studien zur Kita-Qualität der Bertelsmannstiftung landet Thüringen wegen seiner weitreichenden Betreuungszeiten und eines großen Anteils an betreuten Kindern regelmäßig auf einem der vorderen Plätze. Bei der jüngsten Studie wurde auch die gute Qualifikation des pädagogischen Personals betont. Von den rund 15 400 pädagogisch arbeitenden Mitarbeitern in den Kitas sind laut der Studie 87 Prozent als Erzieher ausgebildet. Damit gehört Thüringen zusammen mit Mecklenburg-Vorpommern (87 Prozent) und nach Brandenburg (88 Prozent) zur Spitzengruppe. Moniert wird aber immer wieder, dass sich zu wenige Erzieherinnen um zu viele Kinder kümmern müssen.

Die Grünen-Fraktion im Thüringer Landtag begrüßte den Schritt des von Helmut Holter (Linke) geführten Bildungsministeriums, Sozialassistenten und Kinderpflegern neue Jobaussichten in den Kindergärten zu geben. Man habe dies schon seit Langem gefordert, teilte die Grünen-Fraktionschefin Astrid Rothe-Beinlich am Mittwoch mit. «Assistenzkräfte können gerade auch in solchen Situationen unterstützen, wo es beispielsweise an Erzieher*innen fehlt, weil diese schlicht auf dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen», erklärte Rothe-Beinlich. Befürchtungen, dass dadurch die Betreuungsqualität leiden könnte, teile sie nicht. «Entscheidend ist, dass die Assistenzkräfte eine Perspektive durch eine berufsbegleitende Ausbildung zur Erzieher*in erhalten. So gewinnen wir im besten Fall auch Fachkräfte für morgen.» dpa

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