Aggressive Stimmung, hohe Feinstaubwerte, lärmgeplagte Tiere: Der Spaß zu Silvester ist bei manchen in Deutschland eingetrübt. Umweltschützer und Polizisten warnen vor den Folgen der Silvesterböllerei. Wegen der hohen Feinstaubbelastung hat das Umweltbundesamt zum Verzicht auf privates Silvesterfeuerwerk aufgerufen. Etliche Kommunen haben privates Böllern in Innenstädten bereits untersagt, erstmals auch Hannover. Polizisten beklagen zugleich eine zunehmende Aggressivität und Respektlosigkeit rund um den Jahreswechsel. Der Verband der pyrotechnischen Industrie erwartet wieder einen Umsatz von etwa 137 Millionen Euro mit Raketen und Knallkörpern.
Wer an Silvester weniger Feuerwerk benutze oder ganz darauf verzichte, trage dazu bei, die Feinstaubbelastung zu verringern, sagte die Chefin des Umweltbundesamtes, Maria Krautzberger, "das hilft der Gesundheit und verursacht weniger Müll auf den Straßen und in der Umwelt". In der Silvesternacht steige die Luftbelastung mit Feinstaub explosionsartig an und sei in vielen Städten so hoch wie sonst nie im Jahr.
Rufe nach schärferen Vorschriften gegen Silvesterböller stoßen bei CDU-Vize Julia Klöckner auf Ablehnung. Die geltenden Regeln reichten aus, sagte die Bundesministerin für Landwirtschaft. Strengere Verbote seien "Bevormundung" der Bürger.
Die Grünen-Bundestagsfraktionschefin, die Thüringerin Katrin Göring-Eckardt, sagte "Ich persönlich finde Feuerwerk wirklich sehr schön, obwohl ich weiß, wie viel Feinstaub es verursacht." Es sei Sache der Kommunen, gemeinsam mit den Bürgern zu entscheiden, wie bei ihnen Silvester gefeiert werde. Gerd Landsberg vom Städte- und Gemeindebund meint, man solle Feuerwerk als Brauchtum und Tradition respektieren. Die Menschen brächten so Lebensfreude und Hoffnung zum Ausdruck.
In Berlin, wo Millionen Touristen das neue Jahr mit einer Riesenparty begrüßen, hätte die rot-rot-grüne Landesregierung gern schon dieses Jahr weitergehende Verbotszonen eingerichtet. Der Linken-Abgeordnete Niklas Schrader sagte, man wolle dafür auf Bundesebene aktiv werden.
Die Polizei-Interessenvertreter sehen solche Verbotszonen kritisch. Die Polizei könne "die notwendigen Kontrollen personell überhaupt nicht leisten", sagte der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Oliver Malchow. Ihm zufolge nehmen Polizisten zum Jahreswechsel "viel Aggressivität und Respektlosigkeit" wahr. Böller würden gezielt auf Menschen geworfen und Raketen in Richtung von Häusern abgeschossen. Jedes Jahr werden Hunderte Menschen an Silvester verletzt.
Auch der Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Günter Krings, sieht gefährliche Silvester-Szenen auf einigen Straßen der Großstädte. "Nicht verhältnismäßig scheint mir, wenn noch am gesamten Neujahrstag Böller gezündet werden. Mit Raketen und Böllern sollte eine Stunde nach Mitternacht Schluss sein."
In einer Umfrage des Online-Meinungsforschungsinstituts Civey sprachen sich fast 60 Prozent für Feuerwerksverbote in Innenstädten aus. Laut einer Umfrage des Instituts INSA will die Mehrheit der Menschen in Deutschland gar nicht böllern. Nur 18 Prozent gaben an, Knallkörper zünden zu wollen. Das evangelische Hilfswerk Brot für die Welt ruft wieder unter dem Motto "Brot statt Böller" zu Spenden für Menschen in Not auf. Auch die Tierrechtsorganisation Peta wiederholte ihre jährliche Warnung: Wildtiere, Hunde und Katzen nähmen "den ohrenbetäubenden Lärm als lebensbedrohliche Situation wahr".