Nordhausen - Der Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-Jürgen Weise, hat Erwartungen an eine schnelle Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt gedämpft. So etwas koste Zeit und Geld, sagte Weise am Donnerstag im thüringischen Nordhausen. Statistiken zeigten, dass lediglich zehn Prozent der erwerbsfähigen Asylbewerber nach einem Jahr in Arbeit seien. Erst nach fünf Jahren habe die Hälfte einen festen Job, nach zehn Jahren seien es 70 Prozent. Weise nannte die Sprachbarriere als eine der Hürden, weshalb Flüchtlinge mitunter lange auf einen Job warten müssen.

Der BA-Chef nahm in Nordhausen gemeinsam mit Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) am Start eines Pilotprojektes teil. Zwölf junge Flüchtlinge sollen in den nächsten Monaten in drei Nordthüringer Betrieben ein Praktikum absolvieren und parallel dazu die deutsche Sprache erlernen. Die Verträge dazu wurden bei dem Besuch unterschrieben. Nach Angaben der Arbeitsagentur werden die Jugendlichen auf eine Berufsausbildung vorbereitet. Sie erhalten von der BA monatlich 216 Euro dafür.

«Wir suchen Fachkräfte und keine Hilfskräfte», unterstrich der Chef der Nordthüringer Arbeitsagentur, Karsten Froböse. Ziel des Projektes sei es, Flüchtlinge als künftige Fachkräfte auszubilden. Die Thüringer Wirtschaft benötigt Prognosen zufolge bis 2025 rund 280 000 Fachkräfte. Der Freistaat sei ein Chancenland, erklärte Ramelow. Nach Angaben der Arbeitsagentur ist das Flüchtlingsprojekt landesweit in dieser Größenordnung einmalig. Bundesweit gibt es zahlreiche Initiativen.

Weise rechnet damit, dass von den 2015 nach Deutschland gekommenen Flüchtlingen mit Bleibeperspektive 70 Prozent erwerbsfähig sind. Eine erste Befragung der BA habe ergeben, dass jeder dritte Syrer ein Gymnasium oder eine Hochschule mit Abschluss verlassen habe. Unter Flüchtlingen aus Afrika sei die Schulbildung allerdings schlechter. Nach Angaben Ramelows besuchen in Thüringen mittlerweile 700 junge Geflüchtete spezielle Kurse an den Berufsschulen.

Nach seinen Vorstellungen sollen Flüchtlinge im Freistaat künftig spätestens nach einer Woche wissen, welchen Status sie haben und ob sie als geduldet in Deutschland bleiben dürfen. Flüchtlinge könnten so schneller in Sprachkurse oder in Arbeit vermittelt werden, sagte Ramelow. Die Verteilung erfolge dann nicht mehr mechanisch, sondern orientiere sich etwa an dem Arbeitskräftebedarf von Unternehmen. Das Asylverfahren werde aber weiterhin länger dauern.