Nach der mutmaßlich islamistischen Terrorattacke in Wien hat Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) vor weiteren Anschlägen gewarnt. «Ich befürchte, dass wir mit weiteren Anschlägen rechnen müssen», sagte Maier, der Vorsitzender der Innenministerkonferenz ist, am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. «Es ist erneut deutlich geworden, dass es eine Strategie der Terroristen ist, in Zeiten der Pandemie, wo die Unsicherheit ohnehin schon groß ist, Angst und Schrecken zu verbreiten.» Er erkenne darin ein Muster. Maier fürchtet nach mehreren Anschlägen in den vergangenen Wochen eine neue Welle des islamistischen Terrorismus.

«Ich bin besorgt, dass dies erst der Anfang einer neuen Welle sein könnte», sagte Maier dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Auch die jüngsten Anschläge in Frankreich und Deutschland machten «auf schreckliche Art und Weise deutlich, dass die Aktivitäten der Islamisten wieder zunehmen.» Maier forderte, die Aktivitäten zur Bekämpfung des islamistischen Terrorismus weiter zu verstärken.

Bei dem Anschlag in der Wiener Innenstadt starben nach Angaben der österreichischen Behörden vier Menschen, zahlreiche Menschen wurden verletzt. Ein schwer bewaffneter Attentäter wurde von der Polizei erschossen. Der 20-Jährige war nach Angaben des österreichischen Innenministeriums einschlägig wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorbestraft.

Bereits am 4. Oktober hatte ein Mann in Dresden zwei Touristen aus Nordrhein-Westfalen mit einem Messer angegriffen und einen von ihnen getötet. Mitte Oktober war in Paris der Lehrer Samuel Paty von einem 18-Jährigen getötet worden, nachdem er in einer Unterrichtsstunde zur Meinungsfreiheit Karikaturen des Propheten Mohammed gezeigt hatte. Keine zwei Wochen später starben bei einer Messerattacke in einer Kirche drei Menschen in Nizza. In allen Fällen gehen die Ermittlungsbehörden von einem islamistischen Hintergrund aus.

Thüringens Verfassungsschutzpräsident Stephan Kramer sieht Deutschland weiterhin im Fadenkreuz radikaler Islamisten. «Wir haben seit Jahren eine anhaltend hohe abstrakte Gefährdungslage durch islamistischen Terrorismus», sagte Kramer dem «Handelsblatt». Durch einzelne Ereignisse wie die Ermordung des Lehrers Samuel Paty in Frankreich zeige sich deutlich, «wie hoch emotionalisiert und damit explosiv die Lage immer noch ist.» Es genüge ein Funke, um bei bereits radikalisierten Einzelpersonen die Umsetzung von Anschlägen plötzlich auszulösen.

Mit einer Schweigeminute gedachten die Abgeordneten des Thüringer Landtags der Opfer des Terroranschlags. Dazu erhoben sich die Parlamentarier am Dienstag in Erfurt von ihren Plätzen. Die Nachrichten aus Wien mit Toten und Verletzten «machen uns erschrocken», sagte Landtagspräsidentin Birgit Keller. «Lassen Sie uns niemals vor Hass und Extremismus weichen.» Es sei notwendig, über Ländergrenzen hinweg solidarisch zusammenzustehen, um die Demokratie zu verteidigen, sagte Keller.

Auch bei anderen Landespolitikern sorgte der Anschlag von Wien für Entsetzen. «Kein Gott rechtfertigt Morde und keine Religion kann für Mörder als Rechtfertigung dienen!», schrieb Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) am Dienstag im Kurznachrichtendienst Twitter. «In Wien haben Terroristen unschuldige Menschen getötet.» Die Terrororganisation IS bekämpfe offene Gesellschaften und Demokratie.

Der CDU-Fraktionsvorsitzende im Landtag, Mario Voigt, verwies auch auf vorherige Anschläge. «Wir dürfen den Terror nicht zulassen!», twitterte er. FDP-Landeschef Thomas Kemmerich mahnte: «Wir müssen gemeinsam gegen Terror und Hass zusammenstehen - weltweit.» Der AfD-Landtagsabgeordnete Ringo Mühlmann forderte die Landesregierung auf, zu verhindern, dass sich Anschläge wie in Wien in Thüringen ereignen oder dass sie von hier aus vorbereitet werden könnten. dpa