Erfurt - Etwa ein Drittel der Thüringer Kreise wird voraussichtlich wegen der umstrittenen Gebietsreform das Verfassungsgericht anrufen. Die Kreistage von Schmalkalden-Meiningen, Sömmerda, dem Weimarer Land und dem Kreis Greiz hätten dafür bereits grünes Licht gegeben, sagte die Präsidentin des Thüringer Landkreistages, Martina Schweinsburg, am Freitag in Erfurt.

Bis Mitte Dezember würden weitere Entscheidungen erwartet, darunter des Saale-Orla-Kreise oder des Eichsfelds. Mindestens vier Kreise wollen sich nach Angaben der Landräte wie die CDU-Landtagsfraktion bei ihren Klagen vom niedersächsischen Verfassungsrechtler Jörn Ipsen vertreten lassen.

Der Landkreistag, der derzeit 17 Kreise in Thüringen vertritt, sei in seiner Position zur Gebietsreform nicht gespalten, sagte Schweinsburg. «Es geht darum, wie mit den Kommunen umgegangen wird.» Jeder Kreis entscheide für sich, wie er mit dem Vorhaben der rot-rot-grünen Koalition und möglichen «Zwangsehen» umgehen wolle. Die Regierung sieht nur noch acht Kreise vor.

Ipsen, der von einer «Reform von oben» sprach, sieht unter anderem Klärungsbedarf bei der Frage, ob die Kreise tatsächlich nicht ausreichend leistungsfähig seien, um ihre Aufgaben auch in Zukunft erfüllen zu können. Nur dann ist seiner Meinung nach eine Gebietsreform zulässig. Sie greife in die von der Verfassung garantierte kommunale Selbstverwaltung ein. Auch seien die Kreise zu der geplanten Reform nicht ausreichend angehört und ihnen die Möglichkeit zu freiwilligen Fusionen verweigert worden.

Zudem seien im Gesetz die Vorgaben zu Einwohnerzahlen nicht als Richtwerte gesetzt, sondern als Grenzwerte gesetzlich festgelegt worden, sagte Ipsen. Das sei einer der Punkte, zu dessen Rechtmäßigkeit das Verfassungsgericht Stellung beziehen solle.

Die Mehrzahl der Kreise, die auf eine Klage zusteuern, haben einen CDU-Politiker als Landrat. Aber auch der SPD-Landrat des Kreises Schmalkalden-Meiningen, Peter Heimrich, will Klage einreichen. Heimrich, der gleichzeitig Vize-Präsident des Landkreistages ist, sagte, es gehe dabei nicht um den von Innenminister Holger Poppenhäger (SPD) vorgeschlagenen neuen Kreiszuschnitt, sondern um die Vorgaben des bereits beschlossenen Vorschaltgesetzes. Danach sollen Kreise künftig mindestens 130 000 Einwohner haben, kreisfreie Städte 100 000.

Die Klagen sollen so schnell wie möglich eingereicht werden, kündigten die Landräte an. «Wir arbeiten mit Hochdruck daran», sagte der Landrat des Weimarer Landes, Hans-Helmut Münchberg (parteilos). Ziel sei, sie noch bis Jahresende dem Verfassungsgericht vorzulegen. Das will nach eigenen Angaben auch die CDU-Landtagsfraktion, die zwei Klagen angekündigt hat. Auch die bisher kreisfreie Stadt Weimar will vor das Verfassungsgericht ziehen.

Schweinsburg vertrat die Ansicht, Thüringen brauche keine Kreisreform. «Wo Handlungsbedarf besteht, wird von den Kommunen reagiert.» Beleg dafür sei die Entscheidung der bisher kreisfreien Stadt Eisenach, sich in den Wartburkreis eingliedern zu lassen. dpa