Theater in Stützerbach Gefeierter Auftakt für „Über den Zaun“

Zum dritten Mal gastiert das Ensemble von „Das letzte Kleinod“ im Thüringer Wald. Am Montag war die erste Aufführung in Stützerbach – und Premiere für die nur hier gespielten Szenen von „Du bleibst hier“.

 
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Was für ein Abend der Kontraste. Zuerst die Euphorie, die sich von den Schauspielern auf das Publikum übertrug, dann die Ernüchterung beim Theater-Rundgang durch den Ort. Das Ensemble des Theaterzugs „Das letzte Kleinod“ hat das Thüringer Publikum am Montagabend mitgenommen auf eine Zeitreise. In „Über den Zaun“ erzählt das Theater in diesem Jahr Geschichten von DDR-Bürgern, die im Sommer und Herbst 1989 die Flucht aus ihrer Heimat über die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Prag angetreten hatten. Vor ausverkauften Haus, oder in diesem Fall besser Bahnsteig, erzählen die Schauspieler, was die Menschen damals dazu bewegt hat, die DDR zu verlassen. Die junge Mutter, den jungen Facharbeiter aus Eisenach, die schwangere Sekretärin. Das Publikum geht mit auf die Zugfahrt von Dresden nach Prag, mit auf die Suche der DDR-Bürger nach der Botschaft der Bundesrepublik, mit in den Garten der Botschaft, in dem bis zu 6000 Menschen ausharrten bis zu jenem Abend am 30. September 1989, an dem Hans-Dietrich Genscher auf den Balkon der Botschaft trat, um den Menschen ihre Ausreise in die Bundesrepublik zu verkünden.

Dem Ensemble gelingt es, mit einfachen Mitteln, die Zustände auf dem Botschaftsgelände, die Enge, die bedrückende Stimmung im Zug nach Prag, die Angst bei der Fahrt von Prag nach Hof durch die DDR auf den Bahnhof nach Stützerbach zu holen. Am Montagabend sprang der Funke über aus das Publikum. „Ja, so war das“, war immer wieder aus dem Publikum zu hören. Und als der Sonderzug am Ende in Hof einfährt, das schlüpft das Publikum auf dem Bahnsteig in Stützerbach in die Rolle der Hofer, die die Neuankömmlinge begeistert empfangen.

Auf die Euphorie folgt an diesem Abend aber auch Ernüchterung. Extra für Stützerbach hat das Ensemble „Du bleibst hier“ einstudiert. Das Stück basiert auf Zeitzeugen-Interviews in Stützerbach. Es erzählt die Geschichte von Menschen, die sich in der Zeit 1989 und 1990 bewusst entschieden hatten, in ihrer Heimat zu bleiben. Menschen, die dann aber erleben mussten, wie die Existenzen, auf die sie gebaut hatten, den Bach heruntergingen: Das Glaswerk, das Kneipp-Bad, die Gastronomie oder auch der Dorf-Konsum.

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