Ohers Geschichte ist komplexer
Michael Ohers Geschichte ist komplexer, als es in „The Blind Side“ rüberkommt. Was stimmt: Seine Mutter war abhängig von Crack und konnte sich nicht um ihre zwölf Kinder kümmern. Oher zog von Pflegefamilie zu Pflegefamilie. Schließlich, auf einer christlichen Privatschule, auf die es der sportlich begabte Junge aus eigener Kraft geschafft hatte, lernte er die Tuohys aus Memphis kennen. Auch andere Familien seiner Klassenkameraden, so Ohers Anwalt, hätten Mitleid mit dem Jungen gehabt und ihn häufiger bei sich übernachten lassen. „Wo andere Eltern von Michaels Klassenkameraden einfach einen netten Jungen in Not sahen, erkannten die Vormunde Sean Tuohy und Leigh Anne Tuohy etwas anderes: Einen leichtgläubigen jungen Mann, dessen sportliches Talent sie für ihren eigenen Nutzen ausbeuten konnten“, heißt es in den Unterlagen, die dem Gericht vorgelegt wurden. Die Tuohys hätten erst näheren Kontakt gesucht, als sich herauskristallisierte, wie viel sportliches Potenzial in dem Schüler steckte.
Warum die Klage erst jetzt kommt? Oher habe erst in diesem Jahr erfahren, dass die Tuohys ihn nie wirklich adoptiert hatten, sagte sein Anwalt J. Gerard Stranch dem Sportsender ESPN: „Dass Michael jetzt herausfinden musste, dass er gar nicht wirklich adoptiert wurde, hat ihn umgehauen und zutiefst verletzt.“ Der Antrag vor Gericht fällt aber auch mit der Veröffentlichung von Michael Ohers neuem Buch zusammen. Der Titel: „Wenn man mit dem Rücken zur Wand steht“.