Die Kluft zwischen Eltern und Kindern erlebt Tobler auch auf persönlicher Ebene: Ihre Nichte kommt nicht mit ihren Eltern zurecht und lebt für einige Tage bei der Kommissarin. Die Jugendliche macht Videos und lädt sie in sozialen Netzwerken hoch. Denn sie möchte Influencerin werden. Für Berg ist das vollkommen unverständlich; er kommentiert die Art und Weise, wie junge Menschen heute teilweise Geld verdienen wollen, nur mit einem grummeligen: „Bloß wir Grasdackel versuchen's weiter mit ehrlicher Arbeit.“
Das Publikum blickt beim Anschauen des Films durch die Brille der Älteren auf die junge Generation. Sie hat ganz eigene Vorstellungen vom Leben, während die Erwachsenen häufig in ihrem Alltag festhängen. Ein Berufswunsch wie Influencerin passt nicht in die Welt der Eltern und wird müde belächelt. Wie sehr die Welten voneinander getrennt sind, wird durch einen geteilten Bildschirm visualisiert. Das Publikum kann auf diese Weise sehen, was verschiedene Figuren gleichzeitig tun, es aber nicht voneinander wissen.
Generationenforscher Rüdiger Maas sagt, es sei gerade mit Blick auf die sozialen Netzwerke normal, dass die Erwachsenen einen ganz anderen Bezug dazu hätten als ihre Kinder. Denn während die Jugendlichen mit den neuen Technologien aufgewachsen seien, seien die Eltern damit erst im Erwachsenenalter in Berührung gekommen, sagt er der Deutschen Presse-Agentur.
Trotzdem sei es wichtig, Verständnis füreinander zu schaffen. Maas empfiehlt: „Einfach mal der anderen Generation zuhören - ohne Wertung.“ Einerseits müssten sich die Älteren zurücknehmen, andererseits müssten die Jüngeren den Älteren die Chance geben zu erklären, warum sie bestimmte Sachen stören oder sie Dinge anders sehen. Man müsse sich also einfach mal in den anderen reinversetzen.
Im „Tatort“ erfährt das Publikum erst am Ende des Films, was die Jugendlichen wirklich beschäftigt. Es zeigt sich: Die Generation ist doch nicht so naiv und oberflächlich, wie es im ersten Moment für die Erwachsenen scheint.