Suhl Touristiker fordern weitere Hilfen

Der Lockdown im Frühjahr und die erneuten Schließungen haben im Südthüringer Tourismus tiefe Spuren hinterlassen. Angesichts der unsicheren Corona-Zukunft fordert die Gäste-Branche vom Staat mehr Geld - und lieber ein längeres Öffnungsverbot statt neues Hin und Her.

 
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Suhl - Die Tourismus-Branche in Südthüringen konnte im Sommer zwar vom Trend zum Inlandsurlaub profitieren, doch die Verluste durch den Lockdown im Frühjahr konnte das nicht ausgleichen. Das ist das Ergebnis der Saisonumfrage in Gastronomie, Hotellerie und Reisegewerbe der Industrie- und Handelskammer (IHK), die am Dienstag in Suhl vorgestellt wurde.

Längere Weihnachtsferien

In normalen Zeiten brächte das noch mehr Urlauber nach Thüringen, nun ist es nur eine weitere Corona-Nachricht: Die Weihnachtsferien sollen bundesweit schon am 16. Dezember beginnen. Darauf haben sich am Dienstagabend die Bundesländer mit dem Kanzleramt geeinigt. Schon zuvor hatten Bayern, Sachsen, NRW und Baden-Württemberg einen früheren Start angekündigt. Sachsen-Anhalt verlängert die Ferien bis 11. Januar. Die Thüringer Landesregierung äußerte sich bis zum Abend noch nicht. Planmäßig sollten die Schulen hierzulande vom
23. Dezember bis 3. Januar schließen.


Die erneute Schließung der Hotels und Gaststätten im November habe die Stimmung nochmals verschlechtert, erklärte IHK-Hauptgeschäftsführer Ralf Pieterwas. Kammer-Präsident Peter Traut, der selber auch Gastronom in Hildburghausen ist, forderte angesichts der drohenden Lockdown-Verlängerung bis Weihnachten von der Politik verlässliche Zusagen, die bisherigen Novemberhilfen auch für jeden weiteren Monat zu bewilligen, in dem Betriebe schließen müssten.

Dieser Wunsch dürfte in Erfüllung gehen. Wie aus der Beschlussvorlage der Ministerpräsidenten hervorgeht, die dieser Zeitung vorliegt, sollen von der Schließung direkt oder indirekt betroffene Unternehmen auch im Dezember bis zu 75 Prozent ihres Umsatzes aus dem Vorjahresmonat vom Steuerzahler erhalten. Traut forderte, diese Regelung langfristig fortzusetzen. "Man muss nun Pflöcke einschlagen, an denen sich die Branche orientieren kann. Uns wäre es lieber, die Politik würde sich nun trauen, eine langfristige Schließung auszusprechen, die regionale Öffnungen ermöglicht, wenn die Infektionszahlen sinken", sagte Traut. Eine Verlängerung der Maßnahmen um jeweils 14 Tage oder drei Wochen schaffe keine Planungssicherheit.

Marcel Greber, Inhaber des "Akzent Aktiv und Vital"-Hotels in Schmalkalden, ergänzte, dass die Hotellerie nach einem Lockdown lange brauche, um wieder in Gang zu kommen. "Die Aussicht, für zwei oder drei Wochen öffnen zu können, bringt uns überhaupt nichts, weil ja keine Buchungen da sind", sagte Gerber.

Franziska Weber, Omnibusunternehmerin im Kreis Sonneberg, forderte von der Landesregierung, auch ihre Branche für den November endlich mit einem Verbot zu belegen. "Noch stehen mir die Hilfen nicht offen, weil ich rein rechtlich fahren dürfte", erklärte Weber. In der Praxis habe sie ihre letzte Busreise aber am 2. November gehabt. Thüringen sei eines von vier Bundesländern, in denen Busreisen formal nach wie vor erlaubt sind. Dadurch sei sie nicht direkt vom Teil-Lockdown betroffen und könne keine Staatsgelder beantragen.

Alle Touristiker lobten am Dienstag die bisherigen staatlichen Geldflüsse in der Corona-Krise. Soforthilfen im Frühjahr, Mehrwertsteuersenkung, Kurzarbeitergeld und Novemberhilfen hätten Betrieben ermöglicht, bis jetzt zu überleben. Die Überbrückungshilfen kritisiert die IHK dagegen als zu bürokratisch und zu kompliziert.

Langfristig werde es aber immer schwerer, die Stimmung in den Belegschaften aufrechtzuerhalten. "Wir versuchen, unsere Mitarbeiter zu beschäftigen, wo es geht", sagte Gerber. So habe sein Hotel den November für Renovierungen und Reinigungen genutzt. Trotzdem bedrücke die Unsicherheit. Zudem sehe er die Gefahr, dass auch nach einer Wiedereröffnung Betriebe wegbrechen, weil sie die Corona-Folgen langfristig nicht gestemmt bekämen. "Das muss die Politik unbedingt verhindern. Wenn wir sterben, verliert auch die Region an Attraktivität", mahnte Gerber.

Von April bis September fiel das Stimmungsbild im Südthüringen-Tourismus teils besser aus als befürchtet. Der Stimmungsindex der Gastronomie sank auf 75 Punkte, in der Hotellerie auf 102. Bei Reisebüros erreichte er mit 15 Punkten einen nie dagewesenen Tiefststand. Die Aussichten sind düster. Nur 12 Prozent der Gastwirte erwarten bald bessere Geschäfte. Bei Hotels sind es 25 Prozent. jol Meinung, Seite 3

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