Auch in anderen Ländern wird wegen hoher Infektionszahlen darüber nachgedacht, von Erleichterungen über die Feiertage abzurücken. Die Krankenhäuser forderten, angekündigten Lockerungen zurückzunehmen. Die Situation sei in vielen Kliniken schon belastend, sagte der Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß, dem „Handelsblatt“. „Wir haben heute 40 Prozent mehr Intensivpatienten als im Frühjahr, und anders als im Frühjahr ist dies keine kurzzeitige Situation, sondern schon seit Wochen so, ohne dass wir ein Ende erkennen können.“ Der Appell der Bundesregierung, private Kontakte zu minimieren, fruchte offenbar nicht.
Schlendrian sei eingekehrt
Die Regierungen im Saarland und in Baden-Württemberg drangen wie Merkel auf eine rasche zusätzliche Besprechung der Ministerpräsidenten. Nach Weihnachten und vor Silvester solle zu den strengeren Corona-Regeln zurückgekehrt werden, sagte der saarländische Regierungschef Tobias Hans (CDU) dem „Spiegel“.
Dagegen hält der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Michael Müller (SPD), ein weiteres Treffen der Länderchefs noch vor Weihnachten nicht für unbedingt erforderlich. „Die, die hohe Zahlen haben und noch mehr tun müssen, können es auch auf Grundlage unserer letzten Beschlüsse“, sagte der Regierende Bürgermeister Berlins. „Wir haben eigentlich für alle Varianten im Dezember eine gute Grundlage beschlossen.“
Der baden-württembergische Regierungssprecher Rudi Hoogvliet sagte, das Problem sei, dass ein Teil der Menschen „die Maßnahmen nicht mehr in der nötigen Konsequenz befolgt beziehungsweise die bestehenden Freiheiten maximal auszureizen versucht.“ Auch Bayerns Regierungschef Markus Söder kritisierte, es sei „an einigen Stellen ein Schlendrian eingekehrt“.
Verschärfte Maßnahmen in Hotspots
Nordrhein-Westfalen schließt auch eine bundesweite Verschärfung der Corona-Maßnahmen nicht aus. „Sollte sich die Gesamtlage nicht zeitnah verbessern, erscheint auch bundesweit ein noch restriktiveres Vorgehen notwendig, um die Zahl der Neuinfektionen überall deutlicher zu reduzieren“, sagte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) der dpa. Nordrhein-Westfalen setze weiter auf den engen Schulterschluss von Bund und Ländern. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sagte, weitere Maßnahmen seien erforderlich, deswegen werde sie es auch geben. Konkrete Schritte würden aber zunächst im Kabinett und Parlament sowie im Einvernehmen mit der kommunalen Ebene und der Wirtschaft beraten.
Ende November hatten Bund und Länder allgemein vereinbart, dass bei besonders hohen Infektionslagen mit einer Inzidenz von über 200 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohnern über sieben Tage - also in sogenannten Hotspots - noch einmal verschärfte Maßnahmen ergriffen werden. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) bereitete die Menschen in Regionen mit hohen Infektionszahlen auf mögliche nächtliche „Ausgangssperren“ vor: Er halte es für richtig, dass dort auch eine „Ausgangssperre“ verhängt werde, sagte er bei einem Besuch des neu eingerichteten Corona-Impfzentrums in Wiesbaden.