Staatssekretärs-Affäre Verfahren wegen Einstellungspraxis in Ministerien

Der Thüringer Landtag Foto: Martin Schutt/​dpa

Die Einstellungspraxis der Thüringer Landesregierung hat juristische Folgen. Es wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.

 
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Erfurt - „Es wird wegen Untreue ermittelt“, sagte  ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Erfurt dem MDR Thüringen. Bisher richte sich das Verfahren gegen Unbekannt. Auslöser für das Verfahren sind nach Angaben der Staatsanwaltschaft Presseberichte über zwei vorläufige Prüfberichte des Thüringer Landesrechnungshofes. Darin heißt es, dass Staatssekretäre ohne die für das Amt nötige Qualifikation eingestellt worden sind. Außerdem sollen Mitarbeiter auf Leitungsebene ohne Ausschreibung eingestellt und zu hoch bezahlt worden sein. Beide Berichte hat die Staatsanwaltschaft den Angaben nach inzwischen angefordert.

Nach Informationen des MDR hatten die Ermittler der Korruptionsabteilung der Staatsanwaltschaft Erfurt bereits vor Weihnachten einen Prüfvorgang angelegt. Hintergrund war ein Bericht des SPIEGEL über die Kritik des Landesrechnungshofes an der Einstellungspraxis bei den Thüringer Staatssekretären in den vergangenen Jahren. In diesem wurde unter anderem moniert, dass es keine Bestenauslese gegeben habe, die Einstellungsverfahren intransparent gewesen seien oder die fachliche Eignung der jeweiligen Kandidaten fehle. Mitte Januar machte „Freies Wort“ einen weiteren Bericht über die Kritik an der Einstellungspraxis von Mitarbeitern auf der Leitungsebene der Ministerien öffentlich.

Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft nach MDR-Recherchen die beiden internen Verfahrenskomplexe „Staatssekretäre“ und „Referenten“ gebildet. Dabei sollen sich die Ermittler auch auf ein altes Verfahren gegen den früheren SPD-Landrat Siegfried Liebezeit stützen. Er war 2006 nach einer Revisionsentscheidung des Bundesgerichtshofes zu einer Bewährungsstrafe wegen Untreue verurteilt worden. Liebezeit musste sich vor Gericht verantworten, weil er Unterstützer aus seinem Wahlkampf und enge politische Freunde in sieben Fällen mit Posten im Landratsamt versorgt hatte. Der BGH stellte später fest, dass die gesamte Einstellungspraxis rechtswidrig gewesen ist. So habe es an fachlicher Eignung und der nötigen beruflichen Qualifikation für die Posten in der Kommunalbehörde gemangelt.

Der Chef der Thüringer Staatskanzlei, Benjamin Hoff teilte der MDR mit, dass die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens nicht bekannt sei. Die Staatskanzlei habe erst aufgrund der Anfrage davon erfahren. „Wir haben den Thüringer Rechnungshof bereits öffentlich gebeten, seine Prüfergebnisse zügig zu veröffentlichen, damit eine transparente Bewertung für alle Interessierten möglich ist“, so Hoff. Dem Ermittlungsverfahren sehe er als Chef der Staatskanzlei aufgeschlossen entgegen. „Wir werden als Landesregierung selbstverständlich mit der Staatsanwaltschaft vollumfänglich kooperieren“, so Hoff abschließend.

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