Spendenaktion Jahnhütte nun ohne Strom und Telefon

Die Rettung in der Not ist angekommen: Die Struth-Helmershofer Bergretter leihen dem befreundeten Verein Turnvater Jahn ihre Fotovoltaik-Anlage samt Stromspeicher. Damit soll der Hüttenbetrieb aufrechterhalten werden , nachdem der Netzbetreiber den Vertrag wegen Unwirtschaftlichkeit gekündigt hat. Foto: privat

Die Alte Tambacher Straße ist so zerfahren, wie die Situation. Seit Jahren führt kein Weg in die Sanierung der einzigen Verbindung zur Jahnhütte am Rennsteig. Es gibt nicht nur keine Lösung, es wird immer schlimmer. Nun wurden auch Strom und Telefon endgültig gekappt.

 
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Im vergangenen Jahr feierten die Mitglieder des Schmalkalder Wandervereins Turnvater Jahn das 90-jährige Bestehen der Jahnhütte an den Neuhöfer Wiesen. Ein Jahr, in dem erneut rund 900 Besucher im Gästehaus an der Jahnhütte übernachten konnten – Rennsteigwanderer, Urlauber und Schüler, die hier Umweltbildung hautnah erfahren. Am Leben gehalten wird das Kleinod des sanften Tourismus in der Region durch rund 60 Vereinsmitglieder. Doch den ehrenamtlichen Überzeugungstätern werden immer neue Steine in den Weg gelegt.

Ohne echte Unterstützung könnte der Hüttenbetrieb bald in ernste Schwierigkeiten geraten, sagen Vereinsvorsitzender Helmut Wicke und Helfried Hartmann, der für die Übernachtungen zuständig ist. Seit langer Zeit weisen sie auf den katastrophalen Zustand des rund fünf Kilometer langen Weges von der Rotteroder Höhe zur Jahnhütte hin. Zuständig für den Weg ist die Stadt Steinbach-Hallenberg, doch die Sanierung scheitert seit Jahren – an ungeklärten Grundstücksverhältnissen und Streitereien mit einem Waldbesitzer, durch dessen Wald die Alte Tambacher Straße führt.

Doch das ist mittlerweile nicht mehr das einzige Problem des Vereins. Nachdem Anfang des Jahres die Stromversorgung zusammenbrach, zeigte sich, dass das 1988 verlegte Erdkabel seine Lebenserwartung erreicht hat. Drei mal reparierte der Verein das Kabel auf eigene Rechnung und mit Spenden – Kosten jeweils rund 2000 Euro. Wenn eine Stelle repariert sei, komme die nächste, sagt Helmut Wicke. Für die hohen Leitungsverluste wäre die Stadt Schmalkalden noch bis 2024 eingesprungen. Doch mittlerweile hat der Versorger Werraenergie den Vertrag wegen Unwirtschaftlichkeit gekündigt. Der Zähler sei bereits ausgebaut.

Ähnlich lief es mit dem Telefonkabel, ein besonders dickes mit vielen Litzen. Bei Reparaturen wurden über die Jahre immer wieder zwei funktionierende Drähte gefunden, doch die wurden zuletzt immer weniger. Mit der Umstellung auf die digitale IP-Telefonie war schließlich das Ende besiegelt. Die Rufspannung auf der kilometerlangen Leitung sei nun zu niedrig. Auf der Hütte kam zuletzt kein Ruf mehr an. Der Verein behalf sich mit eigenen Antennen zur Verbesserung des schwächelnden Mobilfunks unweit des Rennsteigs. Das funktionierte – bis der Strom weg war.

Helfried Hartmann befürchtet nun, dass der Jahnhütte die Übernachtungszahlen einbrechen. „Schulkinder können hier nicht mit Taschenlampen oder gar Kerzen übernachten“, sagt er und Wicke ergänzt: „Wir brauchen außerdem unsere Frostwächter, damit uns im Winter die Toiletten nicht einfrieren.“ Auch Rennsteigwanderer, die es bei der Suche nach Unterkünften am bekanntesten Höhenweg Deutschlands ohnehin schon schwer haben, wollen am Abend ihr Telefon laden.

Jahrelang bemühten sich die Stadt Steinbach-Hallenberg, der Thüringenforst, das Landratsamt und auch Schmalkaldens Bürgermeister Thomas Kaminski um Lösungen für das Gesamtdilemma – ohne Erfolg. Landtagsmitglieder, Bundestagsabgeordnete, versprochene Lottomittel – die Mitglieder des Turnvater-Jahn-Vereins sind längst desillusioniert und fühlen sich schlicht im Stich gelassen. Wo sei die Würdigung ehrenamtlichen Engagements, von der immer gesprochen werde, fragen die beiden. Bis zur Jahnhütte reiche sie jedenfalls nicht.

Deswegen nimmt der Verein wieder einmal das Zepter selbst in die Hand. „Wir brauchen eine autarke Stromversorgung und dafür wollen wir Spenden sammeln“, sagt Wicke und bedankt sich für die ersten Kleinspenden, die bereits eingetroffen seien. Ein technisches Gesamtkonzept sei in Vorbereitung. Fest steht, dass Solarzellen auf dem Dach des Gästehauses ein Teil davon sein werden. Das zieht die nötige Ertüchtigung des Daches nach sich. Erste Schätzungen reichen von 15 000 bis weit über 30 000 Euro für das Dach und mehr als 60 000 Euro für das Gesamtprojekt inklusive Stromversorgung.

Bis es soweit ist, gelte den Bergrettern aus Struth-Helmershof ein großes Dankeschön. Der Verein sei der Retter in der Not und habe der Jahnhütte seine Fotovoltaik-Anlage mit Stromspeicher bis zu einer echten Lösung dauerhaft geliehen. Die reiche für Licht und Telefon und bei Sonnenschein vielleicht auch für den Kühlschrank. „Wir machen weiter, die Hütte ist geöffnet“, betont Wicke. Die Ehrenamtlichen lassen sich nicht beirren. Wie die Stromversorgung letztlich technisch aussehen kann, das wird am Ende auch von der Zusammenarbeit mit den Behörden zusammenhängen, die hier Genehmigungen erteilen müssen.

Landrätin Peggy Greiser bot am Freitag auf Nachfrage der Heimatzeitung spontan ihre Hilfe an und lädt Vereinsvertreter zum Gespräch nach Meiningen ein. Viele Beteiligte hätten zuletzt vor zwei Jahren nach Lösungen für die Wegesanierung gesucht, so Greiser. Sowohl die Städte Schmalkalden und Steinbach-Hallenberg, ganz intensiv das Schmalkalder Forstamt und auch ihre Behörde seien da aktiv gewesen. Doch: „Uns sind da einfach die Hände gebunden“, sagt sie. Eine der Lösungen wäre der Waldkauf gewesen, doch der Besitzer habe vor zwei Jahren nicht verkaufen wollen. Ob sich seine Auffassung mittlerweile geändert habe, müsse geprüft werden. Die jüngsten Probleme seien ihr allerdings neu. Sie suche nun das Gespräch mit den Vertretern des Vereins und mit ihnen gemeinsam nach Lösungen, versprach sie am Telefon.

Unabhängig davon treibt der Verein seine Spendenaktion voran. Dutzende Bittschreiben seien bereits verschickt worden. Darin heißt es unter anderem: Die Jahnhütte „... ist die einzige Wanderhütte zwischen der Neuen Ausspanne und Oberhof, die mit 30 Übernachtungsmöglichkeiten und einer Imbissversorgung ganzjährig an den Wochenenden geöffnet hat und von den Mitgliedern ehrenamtlich betrieben wird.“

Wer an weiteren Details interessiert ist, habe dazu bei einer Sternwanderung zur Jahnhütte, am 30. September, Gelegenheit. Sie führt von Struth-Helmershof, Laudenbach und Rotterode in drei Gruppen auf die Neuhöfer Wiesen, Details folgen noch, kündigt Helmut Wicke an. Gespendet werden kann bereits jetzt.

Spendenkonto Rhön-Rennsteig-Sparkasse: IBAN: DE93 8405 0000 1505 0035 00BIC: HELADEF1RRS (Spendenquittungen können auf Wunsch ausgestellt werden)

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