Sparkasse kündigt Verträge Verbraucherschützer mahnen Sparer zur Vorsicht

Bei der Sparkasse Arnstadt-Ilmenau sind 495 Kunden von der Kündigung ihrer Prämiensparverträge betroffen. Foto: Andreas Heckel

Verbraucherschützer kritisieren, dass die Sparkasse derzeit zahlreiche Prämiensparverträge kündigt. Die Sparkasse nennt als Gründe dafür die Zinspolitik der EU und die Corona-Pandemie.

 
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Ilmenau - Die Verbraucherzentrale Thüringen (VZT) rät zur genauen Prüfung von Prämiensparverträgen bei der Sparkasse. Mehrere Sparkassen in Thüringen haben laut VZT bereits Tausende langfristige Prämiensparverträge gekündigt. Darunter ist jetzt auch die Sparkasse Arnstadt-Ilmenau. Die Verbraucherzentrale Thüringen rät den Betroffenen, dies nicht ungeprüft hinzunehmen und der Kündigung ihrer Sparverträge zu widersprechen.

Die Sparkasse Arnstadt-Ilmenau behauptet laut VZT in ihren Kündigungsschreiben, der Prämiensparvertrag sei von beiden Seiten erfüllt, weil die vereinbarte höchste Prämienstufe und somit das Sparziel erreicht sei. Sie argumentiert dabei auch mit einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH). Dieses hatte am 14. Mai 2019 entschieden, dass Sparkassen langfristige Verträge unter Umständen kündigen dürfen, wenn die versprochenen Prämien gezahlt worden sind. „Auch nach dem BGH-Urteil darf eine Sparkasse nicht jeden Prämiensparvertrag kündigen“, sagt Andreas Behn, Referatsleiter für Finanzen und Versicherungen der Verbraucherzentrale Thüringen. „Dies ist erst dann möglich, wenn die Sparkasse alle vereinbarten Prämien gezahlt hat.“ Betroffene Kunden sollten ihren Sparvertrag genau prüfen. Die gekündigten Verträge vom Typ „S Prämiensparen – flexibel“ richten sich nach den Sparjahren. Die gezahlte Prämie steigt bis zum 15. Sparjahr an und bleibt ab diesem gleich. Verbraucher mit solchen Vertragskonditionen sollten ihrer Kündigung schriftlich widersprechen. Für den Widerspruch bietet die Verbraucherzentrale einen kostenlosen Musterbrief an.

Sparkasse rechtfertigt sich

Die Sparkasse Arnstadt-Ilmenau verteidigt auf Nachfrage von Freies Wort die Kündigungen und verweist, wie auch die VZT, auf das Urteil vom 14. Mai 2019. „Die Entscheidung erachtet das Gericht als ‚beiderseits interessengerechte Auslegung der Sparverträge, da der besondere Sparanreiz in erster Linie in der bis zum – hier: 15. Sparjahr – kontinuierlich steigenden Prämienhöhe liege’. Die aktuell von der Sparkasse Arnstadt-Ilmenau fällig gestellten Sparverträge haben bereits in den Jahren 2009 bis 2014 die höchste Prämienstufe erreicht“, teilt Sprecherin Melanie Rudolph mit.

Das Thema sei derzeit für 495 der insgesamt 70 000 Sparkassen-Kunden aktuell, so die Sprecherin. Nicht allen würde gleichzeitig gekündigt. Das Fälligkeitsdatum richte sich nach den einzelnen Verträgen.

Dass die Sparkasse nun die Prämiensparverträge kündigt, liege an den äußeren Gesamtumständen. „Die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank fordert Kreditinstitute heraus, Entscheidungen zu treffen. Null- und Minuszinsen sind zur neuen Normalität geworden und mit Blick auf die volkswirtschaftlichen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie ist keine Trendwende in der Zinspolitik erkennbar“, so Melanie Rudolph. „Auch die Sparkasse Arnstadt-Ilmenau kann es aufgrund der rasanten und radikalen Veränderungen an den Finanzmärkten nicht mehr vermeiden, ihre rechtskonformen Kündigungsmöglichkeiten zu nutzen.“

Zu wenig Zinsen gezahlt

Die VZT kritisiert aber nicht nur die Kündigung der Prämiensparverträge. Sie wirft der Sparkasse auch vor, dass in vielen Prämiensparverträgen und Riester-Banksparplänen die variablen Zinsen falsch angepasst worden seien. „Die Sparkassen haben an viele ihrer Kunden zu wenig Zinsen gezahlt“, so Finanzexperte Andreas Behn. „Nachberechnungen der Verbraucherzentralen ergaben zum Teil vierstellige Zinserstattungsansprüche.“

Verbraucher sollten ihre Sparverzinsung deshalb dringend bei ihrer Sparkasse nachrechnen und zu wenig gezahlte Zinsen auszahlen lassen. Auch hierfür stünde online ein Musterbrief bereit.

Die Sparkasse Arnstadt-Ilmenau möchte sich zu dieser Thematik nicht konkret äußern. „Die Zinsanpassung von variabel verzinsten Sparverträgen ist ein zentrales Thema, zu dem höchstrichterliche Entscheidungen nach wie vor ausstehen und diverse Gerichtsverfahren anhängig sind“, so Sprecherin Melanie Rudolph.

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