Sonneberg – „Kein Mensch ist so vollkommen, dass er nicht zehn Mal im Leben den Galgen verdient hätte, wenn er alles, was er getan und gedacht hat, einer strengen gesetzlichen Prüfung aussetzen müsste.“ So schrieb einst der französische Renaissance-Essayist Michel de Montaigne. Auf so nachsichtige Art und Weise über die Schwächen seiner Mitmenschen zu urteilen wie Montaigne legten zu den Zeiten, als er dies niederschrieb, aber nur die wenigsten seiner Zeitgenossen als Richtschnur an den Tag. Ihre bevorzugte Richt-Schnur war vielmehr der Strang, der Galgenstrick. Und den sahen sie gerne lieber einmal mehr als einmal zu wenig angewendet. Nahezu jeder bestätigte Gerichtsort verfügte im späten Mittelalter und der frühen Neuzeit über seine eigene Richtstätte – auch Sonneberg.

Heute werfen nur die Wenigsten, die Eile auf der B 89 stadtein- oder auswärts treibt, einen näheren Blick auf die rote Tafel am in Sonnebergs Wappenfarben gelb-schwarz gehaltenen Pfahl, die an der Kreuzung der Bundesstraße mit der Innenstadttangente davon kündet, dass hier einst Sonnebergs Stadtgalgen stand.