Signalmützen-Übergabe Polizeimotorrad stiehlt allen die Show

Cathrin Nicolai
Christina Mann setzt jedem der 12 Judenbacher Schulanfänger eine rote Signalmütze auf. Foto:  

Eigentlich sollten die roten Signalmützen für die Schulanfänger der Judenbacher Grundschule das Highlight am Donnerstagvormittag sein, doch das neue Fahrzeug der Polizei-Inspektion Sonneberg ist für die Mädchen und Jungen viel interessanter.

 
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Ihr wollt wohl heute alle eine Runde mit dem Motorrad fahren?“, fragt amtierender Landrat Jürgen Köpper am Donnerstagfrüh die Schulanfänger der Judenbacher Grundschule. Eigentlich ist er mit Polizeichef Rene Schunk, Michael Räth von der Dekra und Christina Mann vom Schulverwaltungsamt in ganz anderer Mission gekommen – nämlich um traditionsgemäß die roten Signalmützen an alle Abc-Schützen – in diesem Jahr sind es im Landkreis 440 Mädchen und Jungen, die in die Schule gekommen sind – zu übergeben. Aber die spielen diesmal eine eher untergeordnete Rolle.

Als es zur großen Pause klingelt, stürmen die drei Mächen und neun Jungen der ersten Klasse sofort in Richtung Polizei-Motorrad. „Ist das toll“, ist auch Schulleiterin und Klassenlehrerin Silvia Hillemann begeistert. Ihre neuen Schüler schließen sich an. Im Nu ist Ralf Boden, der Fahrer der Maschine, umringt und wird mit allerlei Fragen gelöchert. „Was ist das für ein Schalter?“, will ein Junge wissen. „Für die Warnblinkanlage“, erklärt der Polizist und bedient den Schalter, um zu zeigen, was dann passiert. Gern schaltet er auch die blauen Signallichter ein, mit denen er sofort auffällt. Als er jedoch das Signalhorn einschaltet, müssen sich alle die Ohren zuhalten. „So laut“, können es die Kleinen kaum glauben. „Ja, damit wir überall gleich zu hören sind“, erklärt Rene Schunk.

Das Motorrad, so erzählt er, gehört erst seit Mittwoch offiziell zum Fuhrpark der Polizei-Inspektion Sonneberg. „Bis jetzt hatten wir ja gar kein Motorrad“, sagt er und freut sich, dass dies nun anders ist. Ralf Boden hat dafür extra eine Ausbildung absolviert und wird seine Kollegen im gesamten Landkreis nun mit dem Zweirad unterstützen. Daneben ist die BMW Teil der Polizei-Motorrad-Staffel, die bei größeren Einsätzen gemeinsam vorfährt.

„Und was steht da?“, will ein anderer Junge wissen, als vorne ein rotes Lichtsignal aufleuchtet. „Ach ja, ihr könnt ja noch nicht lesen“, fällt es den Gästen wieder ein. „Nein, wir haben heute erst den ersten Buchstaben gelernt“, stimmt Silvia Hillemann zu. „Stopp, Polizei steht da“, erfahren die Schüler. Nachdem auch herausgefunden wurde, was in den beiden Seitenkoffern „versteckt“ ist, kommt endlich Jürgen Köpper zum Zug. „Ich weiß, dass das Motorrad viel interessanter ist“, schränkt er ein. „Aber wir haben euch ein Geschenk mitgebracht“, verrät er. Bevor er es jedoch übergeben wird, will er erst einmal wissen, wie es den Neuen in der Schule gefällt. „Schön“, sind alle begeistert. „Und wisst ihr auch, warum ihr die Mützen bekommt?“, hakt er nach. Da die Mädchen und Jungen etwas schüchtern in die Runde blicken, gibt Rene Schunk die Antwort: „Damit ihr im Straßenverkehr immer gut zu sehen seid“. Dennoch muss man genau aufpassen. „Genau wie ihr es schon im Kindergarten gelernt habt, erst nach links, dann nach rechts, noch einmal nach links schauen und erst dann die Straße überqueren“, erklärt der Leiter der Polizei-Inspektion noch einmal. „Und ihr dürft auch andere, die das nicht so machen, darauf hinweisen“, fügt Michael Räth hinzu.

Ganz bewusst sind die „Signalmützen“ der Verkehrserziehung rot. „Mit einer Besonderheit“, weiß der amtierende Landrat und zeigt an den Bund des Caps. „Der reflektiert in der Dunkelheit“, macht er deutlich und rät die Mützen auch im Winter aufzusetzen, denn „damit seid ihr viel besser zu sehen als mit einer schwarzen Strickmütze“.

Die Übergabe der Signalmützen ist zu Schuljahresbeginn nur eine Aktion, die für die Sicherheit sorgen soll. Auch entsprechende Polizeikontrollen gehören jedes Jahr an den ersten Schultagen mit dazu. Ziel dabei ist es, alle Verkehrsteilnehmer an ihre Verantwortung im Straßenverkehr zu erinnern und auf die Schulanfänger aufmerksam zu machen. Neben den allgemeinen Kontrollen wurden in insgesamt 88 Einsatzstunden die Kindersicherung in den Fahrzeugen wie Gurt, Kindersitze usw. genau in Augenschein genommen. Außerdem nahmen die Beamten der Landespolizei-Inspektion Saalfeld die Temposünder ins Visier. Obwohl viele Verkehrsteilnehmer rücksichtsvoll unterwegs waren, fuhren 80 Fahrzeug-Führer zu schnell durch die Kontrollstellen. 59 Verwarngelder und 21 Anzeigen waren das Resultat. Hinzu kamen 60 weitere Verkehrsordnungswidrigkeiten. Vor der Grundschule in der Alten Handelsstraße in Judenbach durchfuhren am ersten Schultag 280 Fahrzeuge die Kontrollstelle, wobei die Kontrollbeamten insgesamt 30 Geschwindigkeitsverstöße mit 22 Verwarngeldern und 8 Anzeigen feststellten. Obwohl an dieser Stelle 30 km/h zulässig sind, wurde der schnellste Fahrer mit 53 km/h gemessen.

Wie wichtig es ist, gerade auf die Schulanfänger und Grundschüler zu achten, betont auch der ADAC. „Kinder im Grundschulalter sehen und hören ganz anders als Erwachsene. Zudem haben Sie aufgrund ihrer geringen Körpergröße wenig Überblick und werden zwischen parkenden Autos nur schlecht gesehen“, weiß Manuela Simon von der Pressestelle des ADAC Hessen-Thüringen. Da das Gesichtsfeld von Grundschulkindern deutlich eingeschränkt ist, nehmen sie Gefahren eben nicht aus dem Augenwinkel wahr. Zudem können sie nur unzureichend zwischen wichtigen und unwichtigen Geräuschen unterscheiden und auch die Richtung einer Geräuschquelle schwer orten. Ebenso brauchen Kinder mit ihren kurzen Beinen mehr Zeit für die Überquerung einer Straße. Auch das Reaktionsvermögen der Kinder ist nicht mit dem von Erwachsenen vergleichbar. In schwierigen Situationen brauchen sie deutlich länger.

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