Schmalkalden „Drei Fragen an ...“ – Interviews auf der Kirchenbank

„Gefeiert und gedisst“: Dekan Ralf Gebauer interviewt seine Tochter Anne. Foto: /Screenshot

„Licht und Schatten“ nennt Dekan Ralf Gebauer seine Videoclips, mit denen er die Menschen durch die Karwoche hin zu Ostern begleiten möchte.

 
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Schmalkalden - Fast auf den Tag genau vor einem Jahr ging Dekan Ralf Gebauer das erste Mal mit kurzen Videobotschaften online. In seinen „Gedanken zum Tag“ griff er Themen auf, welche die Menschen im ersten Lockdown bewegten. Die ihn, den Kirchenmann und Familienvater, ganz persönlich bewegten. Er meldete sich aus seinem Arbeitsoder Wohnzimmer, aus der Hospitalskappelle oder der Stadtkirche, drehte bei einem Abendrundgang durch die beleuchteten Straßen und Gassen der mittelalterlichen Fachwerkstadt. Die Resonanz auf seine kurzweiligen, informativen, bewegten, nachdenklichen, auch emotionalen Videoclips verbreitet auf Facebook, YouTube und insuedthueringen.de war groß. Das Internet macht es möglich: Die Videos erreichten sogar die Partnerkirchen in Tansania und Estland. „All in God’s Hand“ kommentierte seinerzeit Pastor Chagulilo Jr. Chagulilo.

Nun ist Dekan Ralf Gebauer wieder medial präsent. Denn auch im zweiten Jahr der Corona-Pandemie müssen die Menschen auf lieb gewonnene Ostertraditionen und -bräuche verzichten. Besonders schmerzhaft: Zum höchsten Fest der Christen sind die Kirchen zwar stundenweise geöffnet, Gottesdienste aber sind abgesagt. Zumindest im evangelischen Kirchenkreis Schmalkalden. und weil Dekan Gebauer die Menschen nicht persönlich durch die Karwoche bis Ostermontag begleiten kann, nimmt er sie per Video mit auf seinen Osterspaziergang, lässt sie an seinen Gedanken teilhaben.

„Licht und Schatten“: Diesen Titel hat der Seelsorger für seine fünfminütigen Videobotschaften zwischen Palmsonntag und Ostermontag gewählt. Angelehnt an den Adventskalender, umgemünzt auf die Karwoche. Weil in dieser Zeit so unglaublich viel passiert, sagt Ralf Gebauer. Begebenheiten, die es wert seien, bedacht und erzählt zu werden. Das Jesus am Palmsonntag in Jerusalem eingezogen ist, gehört eher noch zu den bekannten Geschichten, nennt der Dekan ein Beispiel. Was dann aber in den Tagen danach alles passiert ist, sei manchmal nicht so im Blick. Aus der ursprünglichen Vorstellung, kurze Selfie-Videos zu einem bestimmten Thema zu drehen, vergleichbar mit kurzen Andachten, entstand im Gespräch mit der Familie die Idee, sich jeden Tag mit einem Gesprächspartner auf der Kirchenbank vor St. Georg zu verabreden. Und ihnen drei Fragen zu stellen, die aus Geschichten herauswachsen, die sich Gebauer zuvor überlegt hat. Biblische Geschichten, die jede für sich einen hochaktuellen Bezug haben. Und die er auf dem Weg zur Kirchenbank erzählt.

Palmsonntag zum Beispiel traf sich der Dekan mit Tochter Anne. „Gefeiert und gedisst“: Wie einst Jesus bei seinem Einzug in Jerusalem begeistert gefeiert und nur wenig später fallengelassen wurde, ergeht es auch heute vielen Menschen. Begünstigt durch die sozialen Netzwerke. Anne schildert ihre Erfahrungen, erzählt, wie sie mit Shitstorm umgehen würde und was sie sich wünscht, damit es erst gar nicht passiert.

Von Pfarrer Uwe Hanis aus Springstille wollte Ralf Gebauer wissen, was ihn so „auf die Palme bringt“, wie er mit Wut umgeht. Ausgangspunkt ist die Geschichte von einem zornigen und aufgebrachten Jesus, der kurz nach seinem Einzug in Jerusalem den Tempel aufsuchte und alle Leute hinausjagte, die hier etwas verkauften oder kauften.

Ganz andere Töne schlägt Gottes Sohn an, als er vom Doppelgebot der Liebe spricht. Wie das ganz praktisch aussieht, wollte der Theologe von Museumsdirektor Kai Lehmann wissen, mit dem er sich am dritten Tag auf der Kirchenbank traf. „ Tu anderen etwas Gutes und du fühlst dich selber gut“. Ein Satz des Historikers, der keiner weiteren Interpretation bedarf.

Noch bis Ostermontag stellt Ralf Gebauer täglich seinen Videoclip ins Netz. Er freut sich auf Gesprächspartner wie Bürgermeister Thomas Kaminski, Kirchenvorstandsmitglied Jens Goebel, die Koordinatorin des ambulanten Palliativ-und Hospizdienstes Kristin Günther, auf die Jugendmitarbeiterin Daniela Wagner oder Kreisdiakon Frank Peternell.

Das alles ist gedacht als ein Gedankenanstoß, betont der Dekan. Er wolle keine Antworten geben, sondern die anderer hören und überlegen, wie er selbst die Fragen beantworten würde. Und das können auch diejenigen, die sich die Videos anschauen. „Dann ist schon ganz viel gewonnen.“

Die Videobotschaften können unter dem Profil von Dekan Ralf Gebauer auf Facebook und YouTube sowie auf der Homepage von insuedthueringen.de abgerufen werden.

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