Die Gitarre des Mädchens ist verbrannt, der leere Tragesack zum Instrument liegt am Hang. Zwischen weiteren hastig aus dem Fenster geworfenen Habseligkeiten, die einst ihren festen Platz und eine Bedeutung hatten im Haus der Müllers.
Und sei’s im Zelt
Ihren Dank und ihre Anerkennung haben die Feuerwehrler – „das muss bitte unbedingt rein in den Text“, betont die Mutter. Als die heiße Phase vorüber war, habe sich immer wieder ein Trupp gefunden, ihr auf Zuruf das ein oder andere mit nach draußen zu bringen.
Bilder zum Beispiel, die gerahmte Aufnahme, die den Großvater vor seiner Wohnung in der alten Feuerwache in der Grüntalstraße zeigt. Den Ehering aus dem Schlafzimmer. Kleine Dinge mit großem Erinnerungswert. „Das wäre sonst alles weg gewesen.“
Nadine Müller sagt, dass sie seit dem Nackenschlag jeden Tag hier vorbeischaut. Sie kämpft mit den Tränen: „Aber ich brauche das. Ich will das sehen. Damit ich es begreifen kann, dass das jetzt die Wirklichkeit ist.“ Doch aufstecken? Ist nicht die Sache der Altenpflegerin.
Sie hoffe auf eine schnelle Abwicklung mit der Versicherung. Und sie hat auch beschlossen, dass es einen Neustart geben wird. „Mich bringt hier nichts weg. Schon gar nicht aus Steinach. Wir werden hier wieder wohnen. Und sei’s, dass ich ein Zelt aufs Fundament setze.“
Man möchte schmunzeln: Der Familienrat wird vermutlich dem folgen müssen, was die resolute Mutter ihm als Richtung weist. Im Oktober 2012 sind Nadine und Nico in der Bätzenecke eingezogen. Zuvor wurde das Anwesen, es datiert aus den 1880er-Jahren, grundhaft saniert. Die Fassade aus Schiefer und das Fundament aus Steinacher Flusssteinen sind geblieben. „Drinnen ist alles Eigenleistung“, kein Nagel und kein Stecker, keine Leitung und keine Wand, die ihr Mann, ihr Vater und Schwiegervater nicht in der Mache hatten. Untergekommen sind das Ehepaar und ihre drei Kinder, zwei Jungs, ein Mädchen im Alter von 9, 13 und 14 Jahren, zwischenzeitlich in einer ausgebauten Gartenhütte am Vogelberg, die ihnen die Familie Luthardt als Notlandung überlassen hat.
Überwältigend nennt Nadine Müller all die Zeichen der Anteilnahme und Zuwendung, die ihnen schon zuteil wurden. Ob Neuhäuser Gymnasium, Steinheider Grundschule oder Steinacher Nordschule – überall haben Klassenkameraden ihrer Kinder und deren Eltern Aktionen gestartet. Die Spenden anzunehmen von Nachbarn und Freunden, Bekannten und Verwandten? Falle nicht leicht, gerade wenn man immer für sich selbst einstehen konnte im bisherigen Leben.
Dass diese Normalität zurückgewonnen sein will, samt Neustart am vertrauten Ort, bleibt daher das erklärte Ziel. Wie lange der Weg auch dauern mag. anb
Die Stadt Steinach und der Verein „Freies Wort hilft“, das Hilfswerk dieser Zeitung, rufen zu Spenden auf für die Brandopferfamilie aus der Bätzenecke. Überweisungen sind erbeten an „Freies Wort hilft“, IBAN: DE39 8405 0000 1705 0170 17 bei der Rhön-Rennsteig-Sparkasse. Stichwort: Steinach.