Rhönforum „Unsere Bedenken sind richtig“

red
Martin Henkel, Vorsitzender des Rhönforums, war zur Infoveranstaltung zur geplanten neuen Thüringer Biosphärenreservatsverordnung nicht eingeladen. Er kam trotzdem in die Schlosshalle nach Dermbach. Reden durfte er nicht. Foto: Rhönforum

Die Infoveranstaltung des Thüringer Umweltministeriums in Dermbach zur umstrittenen neuen Biosphärenreservatsverordnung sollte ohne das Rhönforum stattfinden. Die fehlende Einladung bezeichnet der Regionalentwicklungsverein als „nicht nachvollziehbar“. Auf Ablehnung stößt weiter vor allem die geplante Aufhebung des Verbots von Windkraftanlagen im Biosphärenreservat Rhön.

 
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Nach einer Flut von Widersprüchen zur geplanten Fortschreibung der Thüringer Verordnung über das Biosphärenreservat Rhön hatte das Thüringer Umweltministerium kurzfristig vor Weihnachten eine Einladung an betroffene Bürgermeister und Landräte der Thüringischen Rhön zu einem Informationsabend versendet. Dieser Informationsabend mit Staatssekretär Burkhard Vogel (Grüne) fand, wie bereits berichtet, am Donnerstagabend in Dermbach statt. Aufgrund der Kurzfristigkeit konnten nicht alle Bürgermeister und Landräte an dem Termin teilnehmen.

Nicht eingeladen war der kommunale Regionalverein Rhönforum e. V., der satzungsgemäß die Interessen der Mitgliedsgemeinden und Landkreise bündelt und dabei auch im aktuellen Anhörungsverfahren eine zentrale Funktion einnimmt.

„Im Sinne eines guten Dialoges wäre es selbstverständlich gewesen, den Vorsitzenden des Rhönforums zu Wort kommen zu lassen“, heißt es dazu in einer Stellungnahme des Vereins. „Doch bereits zu Beginn der Veranstaltung versuchten Beamte des Thüringer Umweltministeriums und dann auch der Staatssekretär, den Rhönforum-Vorsitzenden Martin Henkel des Saales zu verweisen. Auch im Fortgang der Versammlung wurden Wortmeldungen des Rhönforumsvorsitzenden durch den Staatssekretär abgelehnt. Selbst die Aufforderung des Kaltennordheimer Bürgermeisters Erik Thürmer, die Redezeit seiner letzten Wortmeldung an Martin Henkel weiterzugeben, wurde durch Burkhard Vogel verwehrt.“

Martin Henkel äußert sich dazu wie folgt: „Das Verhalten des Staatssekretärs ist undemokratisch. Andererseits verwundert es mich auch nicht, denn die Stellungnahme des Rhönforum e. V. ist fachlich höchst fundiert und zeigt auf, wo das Ministerium sich irrt. Dies wird auch darin bestätigt, dass das Ministerium sich gezwungen fühlt, es nicht wie geplant bei der ersten Anhörung zu belassen, sondern einen sogenannten Dialogprozess zu starten und danach eine zweite Anhörung vorzunehmen. Das zeigt, dass unsere Bedenken zur Rechtmäßigkeit des bisherigen Verfahrensverlaufs richtig sind. Als Rhönforum wollen wir den Dialogprozess gern unterstützen und werden deshalb in den nächsten Wochen eine öffentliche Sitzung organisieren, zu der ebenfalls die Bürgermeister und Landräte, aber vor allem die Bürger und die Presse eingeladen sind. Hierzu habe ich Herrn Staatssekretär Vogel bereits eingeladen und ihm mitgeteilt, dass ich ihm dabei sehr gern das Wort erteilen werde.“

Grundsätzlich sei es gut, dass nun ein Dialogprozess zu den geplanten Änderungen der Biosphärenreservatsverordnung gestartet wird, „die es übrigens nur für den Thüringer Teil der Rhön gibt“, so Henkel. Die Bürgermeister konfrontierten während der Informationsveranstaltung den Staatssekretär mit verschiedensten Themenbereichen – angefangen von den durch das Biosphärenreservat bedingten Einschränkungen, den geplanten Kern- und Pflegezonenerweiterungen, Problemen bei Radwegebau, Land- und Forstwirtschaft, Jagd bis hin zur Forderung eines finanziellen Lastenausgleichs analog dem der Kur- und Erholungsorte.

„Schlicht und ergreifend falsch“

Ablehnend äußerten sich die Bürgermeister zur geplanten Aufhebung des Verbots von Windkraftanlagen im Biosphärenreservat. Staatssekretär Vogel erwiderte, dass deshalb ja nicht gleich das gesamte Biosphärenreservat „verspargelt“ würde. Nach der Einschätzung seines Hauses gehe es lediglich um zwei neue Windvorranggebiete. Außerdem würde die Verantwortung hierfür „im Ermessen der Region, der Bürgermeister und der Regionalen Planungsgemeinschaft liegen, ob und wo Vorrangflächen ausgewiesen werden.“

Hierzu stellt Martin Henkel fest: „Diese Aussage des Staatssekretärs ist schlicht und ergreifend falsch. Zuerst muss festgestellt werden, dass die Regionalen Planungsgemeinschaften (RPG) kein kommunales Gremium sind, sondern Teil der staatlichen Landesplanung. Zwar entsenden die Städte mit über 10 000 Einwohnern je einen Vertreter und auch über die Kreise und Kreistage werden einige wenige Vertreter entsandt. Dennoch haben diese als Mitglieder der RPG dann dort nicht kommunale, sondern landesplanerische Entscheidungen gesetzeskonform zu treffen. Aus den Gemeinden des Biosphärenreservats Rhön sind lediglich Bürgermeisterin Manuela Henkel (Stadt Geisa) und Bürgermeister Erik Thürmer (Stadt Kaltennordheim) durch die jeweiligen Kreistage (Wartburgkreis und Landkreis Schmalkalden-Meiningen) in der RPG vertreten. Fakt ist, dass in dem Moment, in dem das Verbot aufgehoben wird, ,alle Dämme brechen’ und regionalen Akteure in den Städten und Gemeinden faktisch kein Mitspracherecht mehr haben. Die RPG sind durch Bundesgesetz verpflichtet, 2,2 Prozent der Landesfläche als Vorranggebiet Wind auszuweisen. Aktuell sind im Bereich der RPG Südwestthüringen lediglich 0,15 Prozent als Vorranggebiet ausgewiesen, von denen aber noch ein Teil unbebaut ist. Real liegt man etwa bei 0,11 Prozent. Selbst die bisherigen Betrachtungen für zukünftige Erweiterungen kommen lediglich auf 0,3 Prozent. Dabei sind höchst problematische Flächen wie W4 zwischen Stadtlengsfeld und Bad Salzungen sogar bereits mit eingerechnet.“

Schutzziel „ins Absurde geführt“

Aktuell, so Henkel, würden sich die Anlagen gegenüber dem jetzigen Stand fast verdreifachen. Die 2,2-Prozent-Vorgabe des Bundes und des Thüringer Umweltministeriums bedeute im Bereich der RPG Südwestthüringen das 20-fache des aktuellen Bestandes an Windkraftanlagen. Die Regionalen Planungsgemeinschaften sind per Gesetz gezwungen, diese Vorgaben umzusetzen, erklärt der Vorsitzende des Rhönforums. „Sollten sie dies bis Mitte 2024 nicht erreichen, sieht die Gesetzeslage in Thüringen vor, dass das zuständige Ministerium dann die Planungshoheit direkt an sich zieht. Wenn das Windkraftverbot im Biosphärenreservat aufgehoben wird, darf man sich sicher sein, dass aufgrund der guten Windhöffigkeit und der geringen Siedlungsdichte hier eine massive Verspargelung erfolgen wird. Damit wäre das wesentlichste Schutzziel des Biosphärenreservats Rhön, der Schutz des Landschaftsbildes, ins Absurde geführt.“

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