Einige hübsche, ja liebevolle Anekdoten sind aber auch in „Spare“ versteckt: Prinz Charles morgendliche Kopfstände zum Beispiel, die er machte, um seine Rückenschmerzen zu lindern. Prinz Philips Grillabende und die Salatsoße der Queen, offenbar ihre Spezialität. Halsbrecherische Jetski-Rennen der Prinzen (die sich gegenseitig liebevoll „Harold“ und „Willy“ nennen) an der französischen Côte d’Azur. Es sind Lichtblicke in diesen Erinnerungen, die über große Strecken so vorwurfsvoll und anklagend daherkommen.
„Der Schattenmann, die Stütze, der Plan B“
Der Titel „Spare“ ist nicht zufällig gewählt: Er bezieht sich auf die Rede vom „heir and a spare“, die Königsgemahlinnen über Jahrhunderte zu gebären hatten: einen Erben und einen Ersatz, sollte dem Erstgeborenen etwas zustoßen. Was aus vielen Passagen des Buches klingt: Harry hatte mit dieser Position in der Königsfamilie ein echtes Problem. Hier nimmt einer Rache, der sein Leben lang das Gefühl hatte (und es von seinen Nächsten offenbar auch vermittelt bekam), er sei „der Schattenmann, die Stütze, der Plan B. Ich wurde geboren für den Fall, dass Willy etwas zustieß“.
In mehreren TV-Interviews hat der 38-Jährige wortreich erklärt, warum er dieses Buch schreiben musste. Einen Vorwurf konnte er aber nicht ausräumen: Dass er mit dem Buch und der sechsteiligen Netflix-Serie „Harry&Meghan“ das Privatleben, das er doch angeblich schützen will, versilbert und damit den Faustischen Pakt mit den Medien, den seine Familie einst schloss, nur erneuert. Es ist offenbar ein Handel, den er bereit ist einzugehen. In einem seiner Interviews formulierte er es so: „Ich akzeptiere vollkommen, dass das Buch zu schreiben bedeutet, das Monster zu füttern.“