Rennrodelverein Sonneberg/Schalkau „Ich glaube nicht, dass man uns vergisst“

Susanne Traut
Doppelsitzer: Obwohl Jakob Jannusch (links) und Max Ewald im Winter keine Wettkämpfe bestritten, wurde trainiert und am Schlittenbau gearbeitet. Foto:  

Der RRV Sonneberg/Schalkau ist zusammen mit dem WSV Scheibe-Alsbach der erfolgreichste Verein des Landkreises. „Freies Wort“ sprach mit Talenteschmied Thomas Langhammer über den Corona-Winter und blickt in die Zukunft.

 
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Herr Langhammer, die Wintersaison bei den Rennrodlern ist längst vorbei. Wie bewerten Sie die Leistung Ihres ehemaligen Schützlings Moritz Elias Bollmann, der ständig im Weltcup fuhr?

Moritz ist ein netter junger Mann, der sehr akribisch an sich und seinem Sportmaterial arbeitet. Im Bereich der Nationalmannschaft sind mit viel Arbeit nur kleine Schritte möglich, um bis an die Weltspitze heranzukommen – da vergeht viel Zeit. Aktuell liegt er im Gesamtweltcup auf Rang 15. Um seine Leistung besser einschätzen zu können, muss man aber noch Platz elf bei der Weltmeisterschaft und Platz zwei bei der U23-WM mit einbeziehen. Das verdeutlicht das Vermächtnis gegenüber den „alten Hasen“.

Auch die Jannusch-Brüder – Jonas im Bob und Jakob im Doppelsitzer – waren im Juniorenbereich stark. Gehört ihnen die Zukunft mit Blick auf die Olympia 2026 in Cortina d’Ampezzo?

Zunächst zu Jakob auf dem Doppelsitzer mit Max Ewald aus Suhl: Sie hatten im letzten Winter Corona-bedingt leider keine Wettkämpfe. Obwohl viel trainiert wurde und es im Rodeln und Schlittenbau voranging, gab es dennoch keinen direkten Vergleich. Jonas hingegen belegte im Europacup im Viererbob Platz sieben und im Zweierbob Platz sechs, was sehr zufriedenstellend war. Er ist nur kurz davon entfernt, in den Weltcup zu kommen. Leider sind da aber noch die Routiniers, die viele Jahre älter sind. Ich glaube dennoch, dass seine Zeit kommen wird.

Übrigens: Hanna Staub ist bei den Damen im Skeleton aufgerückt. Sie belegte im Europacup in der Gesamtwertung Rang zwei und zur U23-Europameisterschaft Platz drei.

Vanessa Schneider gewann ja bei den Olympischen Jugendspielen 2020 Gold im Doppelsitzer. Von ihr hat man in diesem Winter recht wenig gehört ...

Vanessa erging es wie Jacob – es gab keine Wettkämpfe im Rodeln und somit auch keine Resultate. Sie trainierte mit Doppelpartnerin Marie Köhler sehr viel, fährt nun aber wieder alleine und investiert auch viel Energie in den Schlittenbau.

Sie sind für die „Pionierarbeit“ im Verein zuständig, formen ständig neue Talente. Wie haben Sie in Zeiten des Lockdowns das Training abgesichert?

Wir haben zum Beispiel Chat-Gruppen erstellt, in denen die Trainingsaufgaben durch entsprechende Videos erklärt werden. Dies funktionierte acht Wochen; dann wurde es ruhiger. Vielmehr wurden Berichte der Unternehmungen aller Mitglieder eingestellt – sehr interessant und mit Spaß am Sport an den verschiedensten Orten. Hinzu kommt, dass der vergangene Winter wettertechnisch perfekt für alle Wintersportarten war. Aktuell versuchen wir, eine Schnipseljagd in Verbindung mit den anderen neun Rodelvereinen in Thüringen aufzubauen. Es wird nach sieben Monaten einfach immer schwerer, Kontakt zu halten. So hoffen wir, dass hoffentlich bald wenigstens Sport in der Natur stattfinden kann – und nicht nur auf Mallorca.

Konnten die Kinder im Winter Wettkämpfe bestreiten, oder wurden alle Rennen abgesagt?

Alle Rennen und Trainings wurden abgesagt. Wir haben uns das letzte Mal Anfang Oktober 2020 gesehen. Nur Bundeskader hatten die Möglichkeit, ihre Trainings durchzuführen. Die Juniorenweltcups fanden nicht statt, wodurch mehr Trainingsläufe auf den Bahnen stattfinden konnten. Diese Umfänge zeigen hoffentlich in der nächsten Saison Wirkung.

Sind wieder neue Talente in Sicht?

Talente sind in Sicht! Auf den Ranglisten der Landesauswahlmannschaften sind wir mit sechs Sportlern vertreten. Doch die Listen sind sieben Monate alt. Aktuell brauchen wir nur unseren Sport zurück, dann kommt auch die Leistung.

Viele Vereine haben mit enormen finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen. Hat der RRV Sonneberg/Schalkau diesbezüglich Sorgen?

Die Sponsoren und Gönner wollen uns weiter unterstützen, was jedoch letztes Jahr nicht allen gelang. Nach und nach greifen wir auf die ersten Reserven zurück. Die festen Kosten für unser Fahrzeug und die Versicherungen bleiben ja weiterhin bestehen. Zum Glück durften wenigstens die Bundeskader trainieren, auch wenn kein Wettkampf stattfand.

Wie funktioniert eigentlich die Finanzierung der Rennschlitten und der Sportbekleidung?

Die Rennschlitten für Sportler bis 13 Jahre werden vom Verein gestellt und regelmäßig erneuert. Die spezielle Rennbekleidung stellen wir maximal bis zum elften Lebensjahr, dann sollte jeder eigenes Material verwenden.

Der RRV hat neben Ihnen als hauptamtlichen Trainer noch sechs lizenzierte Übungsleiter. Trainieren diese Übungsleiter eigenständig?

In den Sommermonaten trainieren wir meist gemeinsam, da an der Rodelstrecke viele Meter beobachtet werden müssen und in der Halle die Hilfestellung notwendig ist. Doch das muss immer mit der Berufstätigkeit und familiären Verpflichtungen in Einklang gebracht werden. Im Winter ist der hauptamtliche Trainer mindestens zwölf Wochen unterwegs. Dabei ist die Trainingsabsicherung wichtig, da – egal ob in der Halle oder auf Eis in Oberhof – kein Training ausfällt. In diesem Atemzug dürfen wir die Eltern nicht vergessen. Zum Training gehört ja auch der Transport dazu, da wir oft in Oberhof und Ilmenau trainieren.

Bundesweit gibt es immer weniger Ehrenamtliche. Mit wie vielen Ehrenamtlichen – also Kampfrichtern und Helfern – sichert der RRV den Weltcup in Oberhof ab?

Jugendwettkämpfe und auch den Weltcup sichern wir mit 15 Kampfrichtern ab. Diese Frauen und Männer kommen aus unterschiedlichsten Richtungen und erfreuen sich am Rennsport. Sie haben unter Corona-Bedingungen in der abgelaufenen Saison die beiden Weltcups in Oberhof abgesichert.

Steht eigentlich schon der Termin für das Abwintern?

Nein, den gibt es nicht. Wir hoffen jetzt erst mal wieder auf Sport in der Natur – mit Hygienekonzept.

Welches sind die Höhepunkte im Sportkalender 2021 – im Verband und im Verein?

Zu nennen sind unter Vorbehalt natürlich die Miniolympiade am 5. Mai, die Thüringer Sommermeisterschaft am 6. Juli, die deutsche Athletiküberprüfung in Blankenburg am 25. September, das Fiedlerrennen in Ilmenau – einen Tag später. Außerdem sind für den Sommer noch Trainingslager in Smrzovka, Oberwiesenthal, Zwickau und Oberhof geplant. Am 1. Oktober wird die Bahn in Oberhof vereist und im Dezember findet der Internationale Rennsteigpokal statt. Im Januar und Februar sollten die deutschen Meisterschaften und die Deutschen Cups der Jugend stattfinden. Ein weiterer Höhepunkt ist die Welt-Jugend-Challenge in Innsbruck. Und die etwas älteren Junioren werden wieder im Weltcup unterwegs sein.

Vermissen Sie die Unterstützung durch die Politik, den DOSB, LSB oder den Fachverband in Zeiten des Lockdowns?

Ich glaube nicht, dass man uns vergisst. Die Zeiten sind für alle schwer und etwas durcheinander – wie Urlaub auf Mallorca zeigt.

Interview: Susanne Traut

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