Regiomed-Klinikverbund Das Ringen um den Aufsichtsrat

Norbert Klüglein
Wer kontrolliert Regiomed? Der Klinikkonzern will den Aufsichtsrat neu ordnen und eventuell durch einen Beirat ersetzen. Foto: /Frank Wunderatsch

Im Klinikverbund Regiomed kommt die Debatte um den Aufsichtsrat nicht zur Ruhe. Das Gremium soll kleiner werden. Betriebsräte sehen ihr Mitbestimmungsrecht in Gefahr.

 
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Der Klinikkonzern Regiomed ist immer gut für eine Schlagzeile. Mitte des Monats hatte zunächst Hildburghausens Landrat Thomas Müller (CDU) den Fortbestand des Aufsichtsrats infrage gestellt. Deshalb befürchten Mitarbeiter-Vertreter, bald von Beschlüssen der Gesellschafter ausgeschlossen zu werden. Mitarbeiter-Vertreter hatten jüngst ihre Befürchtungen gegenüber dieser Zeitung geäußert. Nach einer Satzungsänderung wären die Arbeitnehmervertreter in einem neu zu schaffenden Beirat zahlenmäßig wohl noch spärlicher vertreten, als sie es momentan sind (Freies Wort vom 15. Juli).

Kritik kommt auch aus einer anderen Ecke. Die radikalsten Vorschläge für eine Reform der Unternehmensspitze laufen darauf hinaus, auf den Aufsichtsrat komplett zu verzichten und ihn durch einige wenige Fachleute zu ersetzen. Dann würden vielleicht nur noch Juristen, Personaler, Wirtschafts- und Medizinexperten am Tisch sitzen, um den Vorstand zu beraten. Auf Vertreter aus der Kommunalpolitik könnte man in so einem Fall vollständig verzichten – was denen freilich nicht gefallen dürfte.

Debatte am Freitag dieser Woche

Die Befürworter eines solch radikalen Schnitts versprechen sich vom Beirats-Modell schnellere Entscheidungen, weil niemand mehr nach Parteien- und Regionalproporz fragen müsste. Ferner wird darauf hingewiesen, dass in den Unternehmenskrisen der letzten zehn Jahren weder die Betriebsräte noch die von Städten und Gemeinden entsandten Kommunalpolitiker in der Lage gewesen wären, die Hauptgeschäftsführer wirksam zu kontrollieren und falsche Entscheidungen zu verhindern. Ob es wirklich zu so tief greifenden Veränderungen in der Regiomed-Unternehmensstruktur kommen wird, soll nach Informationen unserer Zeitung am Freitag dieser Woche diskutiert werden. Ferner liegt der Redaktion ein Flugblatt vor, das in den einzelnen Unternehmen kursiert. Darin heißt es: „Statt dazu zu lernen und den Aufsichtsrat so auszustatten, wie es einem Konzern unserer Größe zukommt, diesen paritätisch zu besetzen, und damit endlich das zu tun, was die Betriebsräte seit 2013 fordern, tritt Landrat Müller jetzt mit dem Vorschlag an die Öffentlichkeit, den Aufsichtsrat abzuschaffen und durch einen Beirat zu ersetzen.“ Wohin das führen könne, wenn nur ein schwacher Beirat agiere, habe man sehen können, als die BRK-Schwesternschaft Coburg in Schieflage geraten war.

Betriebsräte: Verkleinerung wäre Affront

Für den Fall, dass die Regiomed-Satzung tatsächlich geändert werden sollte, drohen die Betriebsräte mit juristischen Schritten. Sie weisen darauf hin, dass der im April 2014 vor dem Oberlandesgericht Jena geschlossene Vergleich, wonach statt der bisher sechs eigentlich acht Arbeitnehmervertreter im Regiomed-Aufsichtsrat sitzen müssten, von Seiten des Konzerns nicht erfüllt wurde. Deshalb betrachten die Betriebsräte das nun auf dem Tisch liegende Modell zur Verkleinerung des Aufsichtsrats als Affront, zumal sie dadurch weitere zwei Sitze einbüßen würden. Hatten sich zunächst die Sonneberger Betriebsräte dieser Zeitung gegenüber geäußert, wird deren Kritik deutlich von ihren Coburger Kollegen geteilt. Diesen sehen aber die Gefahr, dass der Regiomed-Gesellschaftsvertrag zügig geändert werden könnte, nicht: „Ich betrachte die Äußerungen zunächst mal als persönliche Meinung des Hildburghausener Landrats Müller“, sagt der Coburger Arbeitnehmervertreter Martin Lücke. Gleichwohl drängt auch er darauf, dass die Erhöhung der Mandate für die Arbeitnehmer im gegenwärtigen Aufsichtsrat „im Laufe des Jahres umgesetzt werde“. Ein konträres Handeln der Gesellschafter widerspreche dem 2014 geschlossenen Vergleich vor dem OLG Jena noch eklatanter als bisher, argumentiert er. Laut Lücke krankt Regiomed daran, dass sich die finanzielle Ausstattung danach richte, was sich der schwächste Gesellschafter gerade noch leisten könne. Statt den Aufsichtsrat zusammenzustreichen sollte man deshalb lieber darüber nachdenken, wie dieses Problem zu lösen wäre. Der Betriebsrat bringt hier das Modell der kommunalen Aktiengesellschaft ins Spiel.

Ein solches Konstrukt ermögliche es beispielsweise neues Kapital in das Unternehmen zu bringen, indem sich Anteilseigner aus dem kommunalen Bereich unterschiedlich stark engagieren könnten. Außerdem herrsche auf einer Aktionärsversammlung wesentlich mehr Transparenz. „Es hilft dem Unternehmen nicht weiter, wenn Akteure versuchen lokale Interessen durchzusetzen“, mahnt Lücke.

Ein medizinischer Geschäftsführer?

Eine dezidierte Meinung hat der Oberarzt auch zu der Rolle, die die einzelnen Regiomed-Kliniken nach der von der Bundesregierung geplanten Krankenhausreform spielen sollten. Seiner Meinung nach habe man jetzt die Chance mit dem Neubau in Coburg ein Krankenhaus zu schaffen, das der künftigen Versorgungsstufe eins entspricht. Die drei weiteren Häuser könnten dann Aufgaben der sogenannten angepassten Versorgung erfüllen. „Es macht Sinn medizinische Schwerpunkte zu bilden und nicht überall die gleiche Ausstattung vorzuhalten“, argumentiert der Betriebsratsvorsitzende aus Coburg. Von einer guten und wirtschaftlichen Organisation profitierten die Gesellschafter schließlich gemeinsam. In diesem Zusammenhang plädiert Lücke auch für die Schaffung der Stelle eines medizinischen Geschäftsführers, der quer über alle Häuser den Einsatz von Ausrüstung und Personal koordinieren könnte.

Konzernintern gibt es freilich auch andere Stimmen, die die Rolle der Betriebsräte bei der Bewältigung der zurückliegenden Probleme kritisch sehen. Auch die Arbeitnehmervertreter wären nicht in der Lage gewesen ihre Kontrollfunktion auszuüben und Fehlentscheidungen früherer Geschäftsführer zu verhindern, heißt es. Ferner existiert eine juristische Einschätzung, die die Ansicht stützt, dass sich das Urteil des Oberlandesgerichts Jena vom Jahr 2014 nur auf den Aufsichtsrat von Regiomed bezieht. Sollte man eine Art Beirat gründen, müsse dieser wohl nicht paritätisch besetzt werden.

Welches Modell sich am Ende zur Unternehmensführung von Regiomed durchsetzen wir, ist momentan unklar. Der Gedanke, dass die Zahl der Kommunalpolitiker an der Spitze des Krankenhauskonzerns durch die Schaffung eines Beirats zugunsten von Fachleuten abnehmen wird, erscheint als unwahrscheinlich. Wie zu hören ist, drängen schon jetzt politische Gremien darauf, dass sie in so einem Fall wenigsten als nicht stimmberechtigte Mitglieder an Beratungen teilnehmen könnten.

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