Rechtsextremismus CDU-Mann hilft Nazi, dessen Symbol zu verbergen

red , aktualisiert am 17.06.2021 - 15:30 Uhr

Der CDU-Kreisvorsitzende leiht einem prominenten Neonazi sein Jackett, damit dieser weiter mit einem provokanten T-Shirt an einer Kreistagssitzung teilnehmen kann: Diese ungewöhnliche politische Aktion am Mittwoch in Hildburghausen hat überregional für Aufsehen gesorgt.

 
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Tommy Frenck Foto: Archiv/ari

Hildburghausen - In der Sitzung hatte das rechtsextreme Kreistagsmitglied Tommy Frenck demonstrativ das T-Shirt einer Rum-Marke namens „1888“ getragen. Nazis verwenden „18“ und „88“ als legale Codes für  AH und HH, also „Adolf Hitler“ und „Heil Hitler“; Frenck nennt seinen Naziwaren-Versand „druck 18“ („Druck Adolf Hitler“).  Der Sitzungsleiter, Thüringens Ex-Wirtschaftsminister Uwe Höhn (SPD), forderte Frenck daher zwei Mal auf, das Nazi-verherrlichende Zahlen-Symbol „88“ auf seinem Rücken zu bedecken oder aber den Saal zu verlassen. 

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Frenck entgegnete, es handele sich  um den Schriftzug einer australischen Rum-Marke namens 1888. Höhn wollte sich davon nicht beeindrucken lassen. „Wir wissen alle, in welcher politischen Ecke Sie stehen“, sagte er. Die Zahlenkombination sei sicher nicht zufällig gewählt worden. Frenck machte durch sein Verhalten deutlich, die Sache aussitzen zu wollen. Die Situation löste sich nach einer Sitzungsunterbrechung auf, als der CDU-Kreisvorsitzende Christopher Other Frenck kurzerhand sein Jackett zur Verfügung stellte, damit der sein Nazi-Symbol verbergen und die Sitzung fortgeführt werden konnte.

Das Verhalten Others stieß auf massive Kritik. Linken-Kreistagsfraktionschef Steffen Harzer zeigte sich „fassunglos“ und sprach von „Beinahe-Verbrüderungsszenen“. „Ist das die neue Brandmauer gegen rechts?“, fragte er. Während er den Zusammenhalt der demokratischen Strukturen anmahne, verhelfe der CDU-Kreisvorsitzende dem Rechtsaußen aus der Situation. „Was passiert dem Kreisvorsitzenden der CDU da für ein Fauxpas?“, fragt Harzer. „Oder war es am Ende gar keiner?“ Man decke einfach alles zu, was man nicht sehen möchte. „Hier ein Symbol, im Falle Maaßen waren es Hetzjagden in Chemnitz. Was ist es morgen?“ Harzer forderte den CDU-Landesvorsitzenden Christian Hirte zum Eingreifen auf. „Der Rechtsruck in Südthüringen ist erschreckend, verheerend und schadet der Demokratie nicht nur in Hildburghausen.“ Auch im Netz gab es zahlreiche kritische Stimmen, die Nachricht aus Hildburghausen wurde bundesweit vielfach geteilt. Die Grünen-Landtagsfraktionsvorsitzende Astrid Rothe-Beinlich nannte Other „des Nazis Freund und Helfer“.

Other wies die Kritik zurück und nannte sein Agieren „pragmatisch“ und „unpolitisch“. Er habe so entschieden, „damit die Sitzung des Kreistages fortgesetzt werden kann“, erklärte er am Donnerstag auf Nachfrage. Dies habe „nichts mit Politik zu tun“.  „Mein gesunder Menschenverstand sagt mir, dass ich nichts falsch gemacht, sondern in einer verfahrenen Situation eine Lösung herbeigeführt habe.“ So habe er ermöglicht, dass die Kreistagssitzung ohne Polizeipräsenz fortgesetzt werden konnte. Er sei ein „ glasklarer Demokrat“ und habe „mit Nazis oder Kommunisten noch nie etwas am Hut gehabt“, sagte Other und verwies auf seinen Vorsitz im Verein Gedenkstätte Billmuthausen, eines Dorfes, das zu DDR-Zeiten geschleift wurde und seine jährlichen Reden an der Gedenkstätte Poppenhausen, wo im Mai 1942  Häftlinge und ein Zwangsarbeiter von Nazis erhängt worden waren.

Frenck kündigte auf Facebook an, er wolle gegen das Vorgehen des Sitzungspräsidenten eine Feststellungsklage einreichen.

Der Hildburghäuser CDU-Kreisvorsitzende Other hatte zuletzt bereits zwei Mal für Irritationen in Bezug auf radikale Tendenzen gesorgt. Die Leiterin seiner Partei-Geschäftsstelle hatte einem enttäuschten CDU-Wähler geschrieben, die Medien seien von der linken Antifa dominiert. Vorige Woche war Other Mitunterzeichner einer später zurückgezogenen Erklärung dreier Südthüringer CDU-Kreisvorsitzender, in der der Vorschlag einer rot-rot-grünen Kooperation im Wahlkampf gegen den CDU-Bundestagskandidaten Hans-Georg Maaßen in die Nähe von Nazi- und SED-Methoden gerückt wurde. Im beiden Fällen hatte Other sich nach massiver Kritik entschuldigt und die Aussagen zurückgenommen. Other gehörte zum Kreis derer, die den früheren Verfassungsschutzpräsidenten Maaßen zur Bundestagskandidatur im Südthüringer Wahlkreis 196 eingeladen hatten.