Radball in Stadtilm Neue Perspektiven beim Jubiläum

Stadtilms Oberliga-Duo Christian Lohse und Steffen Assinner (von rechts) kommt beim Jubiläumsturnier auf den dritten Rang. Foto: Berit Richter

Neue Wettkampfräder für Nachwuchsfahrer als Geschenk zum 120-jährigen Bestehen – das ist ein sehr bezeichnendes Jubiläumspräsent für die Radballer des RSV Stadtilm.

 
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Beim RSV Stadtilm sind im Geräteraum der von ihm genutzten, erneuerten Sporthalle wohl mehr als dreimal so viele Pokale und sonstige Trophäen aufgereiht wie nebenan im zweiten Geräteraum Radball-Räder aufbewahrt werden. „Ja, aber wenn man all den ganzen Aufwand und Schweiß dazu rechnet, den es gebraucht hat, um diese Pokale zu gewinnen, dann müssten die alle aus Gold sein“, meint der Vereinsvorsitzende Marco Klotz. Weil das aber nicht der Fall ist ist der Fahrradraum nebenan der wertvollere: So ein Wettkampfrad für Erwachsene kommt auf 2000 bis 2200 Euro, ein spezielles Rad für Kinder verschlingt auch so seine 1700 Euro. Deshalb war der Verein mit der großen Radballtradition auch sehr froh, dass just zur Feier des 120-jährigen Jubiläums nun auch offiziell eine Finanzspritze von 5000 Euro aus Landes-Lottomitteln eintraf; Thüringens Finanzministerin Heike Taubert (SPD) übergab sie persönlich zu Beginn des Jubiläumsturniers und verfolgte sichtlich interessiert (und wohl auch länger als erwartet) die Künste der kleinen und großen Radball-Artisten bei deren Matches. Das Geld ist speziell für Nachwuchs-Räder bestimmt, denn die werden erfreulicherweise wieder gebraucht beim RSV Stadtilm.

13 Nachwuchsfahrer werden derzeit in verschiedenen Altersklassen von Frank Eisner (64) und Volker Strehn (69) trainiert; die älteren Jugendlichen übernimmt dabei Ralf Hammerschmidt, bei dessen Namen sofort wieder Erinnerungen an große Bundesliga-Zeiten in Stadtilm aufblitzen. Ein bisschen was davon lässt sich auch erahnen angesichts der Fan-Szene, die sich an diesem Samstagnachmittag zum Jubiläumsturnier eingefunden hat und für Stimmung sorgt. Freilich ist sie auf dem Zuschauerrang nur eine Reihe groß – „der war früher immer rappelvoll besetzt, und da ging auch immer richtig die Post ab“, wie die Fans betonen.

„Es ist schön, wieder ein Polster im Nachwuchs zu haben“, meint Marco Klotz. Der demografische Wandel mit vielen Wegzügen, die Umbauphase der Sporthalle von 2014 bis 2017 mit der Ausweichvariante in Dörnfeld und nicht zuletzt die Corona-Pandemie haben da ein ziemliches Loch entstehen lassen. Aber mit der Rückkehr in die neue Halle gab es auch wieder neuen Zulauf, wie Frank Eisner berichtet: „Es gibt eben doch auch noch Kinder, die keinen Fußball spielen wollen ...“ Freilich: Zu den Top-Zeiten des Stadtilmer Radballs sollen es immer mindestens 20 Nachwuchsspieler gewesensein.

Der RSV bietet spezielle Schnupperkurse über vier bis sechs Wochen an, bei denen die Eltern mit dabei sind, „danach zeichnet sich ab, ob es bei den Kindern mit dem Radball was wird“, so Volker Strehn, der sich derzeit zum Beispiel wieder über Michael, ein neues Talent, freuen kann: „Der ist seit einem Jahr bei uns und wirkt recht bissig. Jetzt fängt er an mit Rückwärtsfahren ... Da hat man dann seine Freude dran, wenn man so was miterlebt. Aber es braucht eben lange, bis sich zeigt, ob ein Talent dann wirklich auch ein guter Radballspieler werden kann.“ Eben deshalb ist es auch so wichtig, für solche Talente spezielle Nachwuchs-Räder zu haben, um sie nicht früh zu überfordern. „Ich habe 1967 noch auf einem Einheitsrad angefangen“, erinnert sich Frank Eisner.

Durchhaltevermögen ist im Übrigen auch bei den Entfernungen gefragt, die zu Wettkämpfen zurückgelegt werden müssen (Punktspielserien werden ab der U 13 gespielt, für die Jüngeren gibt’s verschiedene Turniere): Die Gegner sind in vorzugsweise in Langenleuba, Ehrenberg, Langenwolschendorf und Gera verortet – also fast alle im tiefsten Ostthüringen. Stotternheim bei Erfurt ist noch der naheste Standort, aber auch da wird es mit dem Nachwuchs schon dünn. Andererseits hilft eine lange Tradition auch, neue Spieler zu finden: Steven Jakobs etwa, der zusammen mit Johannes Ludwig am Vormittag das Nachwuchsturnier für die Gastgeber (gegen sechs Gegner) gewann, berichtet: „Zum Radball gekommen bin ich durch meine Mutter, weil eine Kollegin von ihr das empfohlen hatte.“ Volker Strehl weiß auch, dass es viele Radball-Familien gibt, in denen die Freude daran von einem Geschwisterkind auf das andere übergeht.

So gibt es einige Hoffnung, das „Altersloch“ bei den aktiven Spielern künftig wieder etwas zu verkleinern: Aktuell ist der jüngste Stadtilmer Radballer bei den Erwachsenen schon 35 Jahre alt! Es gibt eine Oberliga- und zwei Verbandsliga-Mannschaften, und wer demnächst mal wieder Radball live sehen möchte, der kann am 12. November in der Stadtilmer Halle ein Verbandsliga-Turnier miterleben. Das Jubiläumsturnier am Samstag gewannen die einstigen Cracks Peter Gräbenteich und Ralf Hammerschmidt, obwohl der 63-jährige Peter Gräbenteich seit 2019 nicht mehr gespielt hatte. „Es war auch noch nicht der richtige Fluss im Spiel, es hat zu sehr gestockt“, kommentierte er denn auch selbstkritisch ihren ersten Auftritt des Tages, trotz des 5:2 über Mücheln. Man ist halt von früher her ganz andere Ansprüche gewohnt ...

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