Putins treueste Freundin Suhler Partnerstadt wirft erste Kosmonautin raus

Die Suhler Partnerstadt Budweis hat Valentina Tereschkowa die Ehrenbürgerwürde aberkannt. Die erste Frau im Weltall unterstützt Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine und ist als Abgeordnete eine der treuesten Putin-Anhängerinnen. In der EU hat sie Einreiseverbot.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Valentina Tereschkowa war 1963 die erste Frau im Weltall. Im gleichen Jahr besuchte sie mit Juri Gagarin – 1961 erster Mann im Weltall – auch den Bezirk Suhl. Die Rundreise war ein Großereignis und ist vielen älteren Lesern unvergesslich. Nun macht sie wieder Schlagzeilen – in der Suhler Partnerstadt Budweis (Tschechien).

Nach der Werbung weiterlesen

Die Raumfahrtpionierin hatte 1979 die Ehrenbürgerschaft im südböhmischen Budweis erhalten. „Diesen Titel darf die 85-jährige Russin aber seit Montag nicht mehr tragen“, berichtet der deutschsprachige Dienst von Radio Prag. „Der Stadtrat hat einen Vorschlag eingebracht, um Tereschkowa die Ehrenbürgerschaft zu entziehen. Dies geschah nach Diskussionen der Stadtverordneten, in deren Folge der Stadtrat zum Handeln aufgefordert wurde. Dies ist dann auch geschehen, und die Stadtverordneten haben dem Antrag nun mit der absoluten Mehrheit stattgegeben“, erläuterte Budweiser Oberbürgermeister Jiří Svoboda.

Valentina Tereschkowa habe als Angehörige der russischen Staatsduma den Einmarsch in die Ukraine unterstützt, erklärt Radio Prag, ein öffentlich-rechtlicher Sender. Zudem gehöre sie zu den ergebensten Anhängern von Wladimir Putin. Putin solle am besten ewig regieren, sagte sie vor zwei Jahren in der Duma, dem russischen Parlament. In der Debatte ging es um die Aufhebung der Amtszeitbegrenzung für Putin. Das Parlament folgte ihrem Vorschlag. Im vergangenen Jahr stand in Budweis schon einmal die Ehrenbürgerschaft der Kosmonautin auf der Tagesordnung. Damals fand sich unter den Stadtverordneten von Budweis aber noch keine Mehrheit für die Aberkennung.

Der Angriff auf die Ukraine hat die Stimmung bei den Tschechen gedreht. Dazu muss man wissen, dass sowjetischen Panzer zusammen mit anderen Armeen der Warschauer Vertragsstaaten 1968 die von der kommunistischen Staatsführung begonnene Demokratiebewegung in der Tschechoslowakei niederwalzten.

Eine halbe Million Soldaten der Sowjetarmee sowie aus Polen, Ungarn und Bulgarien besetzte das kleine Land. Rumänien beteiligte sich demonstrativ nicht. Die DDR Grenztruppen waren in Alarmbereitschat, kamen aber nicht zum Einsatz. Die Tschechen sollten nicht durch den Anblick von Invasoren in deutscher Uniform verbittert werden.

Die erste Frau im Weltall war in der DDR und dem gesamten Ostblock überaus populär. Zahlreiche Straßen und Schulen wurden nach ihr benannt. Gegenwärtig prüft auch Chemnitz seine Beziehungen zu Russland und diskutiert die Umbenennung der Valentina-Tereschkowa-Grundschule.

Im Oktober 1963 unternahmen Valentina Tereschkowa und Juri Gagarin eine Rundfahrt durch die DDR. Gagarin wurde dabei unter anderem in Suhl und Merkers empfangen, Tereschkowa in anderen Orten. Stolz und begeistert waren dann im Herbst 1969 Kolleginnen des Sonneberger Stern-Radio-Betriebskindergartens „Valentina Tereschkowa“ auf eine persönliche Begegnung mit der Namensgeberin, der sowjetischen Fliegerkosmonautin. Sie hatten an einer Festveranstaltung in Sachsen teilgenommen, auf der die Kosmonautin Ehrengast war. Die Sonnebergerinnen sprachen mit ihr und übergaben ihr Geschenke und Blumen, wie die Zeitung berichtete. Der Sternradio-Kindergarten wurde gleich zu Wendezeiten als Kindergarten aufgegeben.

2008 wurde Valentina Tereschkowa in Gotha mit dem Friedenstein-Preis ausgezeichnet. Bereits 1995 stiftete die Gothaer Kulturstiftung den „Friedenstein“-Preis, der an Persönlichkeiten verliehen wird, die international hohes Ansehen besitzen und mit ihren Leistungen für Völkerverständigung, Frieden und internationale Zusammenarbeit eintreten.

Valentina Tereschkowa hat am 6. März 2022 ihren 85 Geburtstag gefeiert. Seit der Ukraine-Invasion unterliegt sie als Dumamitglied Sanktionen. So darf sie nicht in die EU einreisen.

Die ersten Kosmonauten auf DDR-Tour

Am 18. Oktober 1963 war der erste Mensch im Weltall, Juri Gagarin, im damaligen Bezirk Suhl zu Gast. In Suhl gab es eine Großveranstaltung, der sich eine Triumphfahrt nach Merkers anschloss.

„Juri, unser Juri, wird am Freitagmorgen nicht zu lange in Gera und im VEB Carl Zeiss Jena aufgehalten werden, wird es wirklich wahr, daß er über den Rennsteig kommt, über Oberhof, Zella-Mehlis nach Suhl und dann zu den Kalikumpeln in Merkers? Und keinen enttäuschte der Protokollverlauf: Nach einer erhebenden Triumphfahrt durch Städte und Dörfer des Thüringer Waldes betrat der Held der Sowjetunion, Oberstleutnant der sowjetischen Luftstreitkräfte und erster Kosmonaut der Welt, Juri Gagarin, gegen 13.12 Uhr Suhler Boden“, berichtete „Freies Wort“ damals.

„Gestatten Sie mir, dass ich Ihnen von ganzem Herzen dafür danke, dass Sie mich in Ihre Stadt eingeladen haben und für den herzlichen Empfang, den Sie uns bereiteten“, waren seine Worte an die jubelnde Menge aus 20 .000 Zuhörern – gerade mal 27. 000 Einwohner hatte Suhl damals.

Danach fuhr Gagarin nach Merkers. Auf dem Weg durchquerte Gagarins Tross auch die Theaterstadt Meiningen. „Die Bürgersteige in der Stadt bis in Leipziger Straße waren voll mit Menschen“, erinnerte sich Leser Dieter Fey. Nachdem Gagarin Südthüringen bereist hatte, ging es von Merkers aus wieder raus aus der „Autonomen Gebirgsrepublik“ in die DDR hinterm Berg nach Erfurt. Juri Gagarin wurde auch dort begeistert bejubelt.

Gagarin starb 1968 bei einem Flugzeugabsturz. Valentina Tereschkowa, mit der er 1963 die DDR bereiste, stieg ins Zentralkomitee der KPdSU auf. Für die Putin-Partei Einiges Russland wurde sie später Abgeordnete.