Ich wurde im Jahr 1940 neun Jahre alt. Es war das zweite Jahr des Zweiten Weltkriegs. In der Schule war ich das einzige fremde Kind, ein deutsches Kind in Neuseeland. Deutschland war Feindesland, aus dem ich mit meinen Eltern geflüchtet war. Im Volksmund war der einzig gute Deutsche ein toter Deutsche. Der Schulhof war groß. In der Pause spielten wir. Die Kinder hatten ein neues Spiel erfunden: „Jagt den Hunnen!“ Die Deutschen galten als Hunnen, ich war der Hunne. Sie jagten mich um den Hof. Ich spielte mit, denn mein Vater hatte mich dazu ermutigt. „Spiele ruhig mit. Sie meinen es nicht böse.“ So war’s auch. Ich hatte bald neue Freunde. Eines Morgens stand ein kleines Mädchen am Rand. Sie spielte nicht mit, rief aber plötzlich zu den Jagenden: „Der ist nicht nur Deutscher. Er ist auch Jude.“ Das war überraschend, verwirrend. Was meinte sie damit?