Panne Probleme mit Kühlkette: Kein Impfstart in Oberfranken

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Kartons mit Corona-Impfstoff werden in einen Gefrierschrank eingelagert. Foto: dpa

Bei der Auslieferung der Vakzine nach Wunsiedel, Kulmbach, Hof, Coburg, Kronach und in andere Orte ist womöglich die Kühlkette nicht eingehalten worden. Erst am Montag oder am Dienstag erhalten die ersten Bürger nun den Corona-Schutz. Dabei ist gerade Coburg mit einem 7-Tage-Inzidenzwert von 542,9 Spitzenreiter beim Infektionsgeschehen in Deutschland.    

 
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Oberfranken - Die Bewohner und pflegerischen Mitarbeiter des Seniorenheimes Fichtelgebirge in Arzberg und des Bene-Vit Hauses Epprechtstein in Kirchenlamitz waren vorbereitet und freuten sich schon. Sie sollten am Sonntag die ersten sein, die im Landkreis Wunsiedel gegen das Corona-Virus geimpft werden. Doch daraus wurde nichts: Bei der Auslieferung der ersten Charge des Impfstoffes für die Impfzentren Wunsiedel, Hof, Kulmbach, Kronach, Lichtenfels und Coburg ist es zu Problemen gekommen. Wie der Wunsiedler Landrat Peter Berek unserer Zeitung sagte, ließ sich die Kühlkette nicht mehr nachvollziehen. Beim Auslesen der Temperaturlogger, die den Kühlboxen beigelegt wurden, seien Zweifel an der Einhaltung der Kühlkette für den Impfstoff aufgekommen. „Wir Landräte, Regierungspräsidentin Heidrun Piwernetz und Vertreter des Gesundheitsministeriums haben uns sogleich in einer Telefonkonferenz beraten und entschieden, die Impfdosen nicht zu verwenden. Das ist eine reine Vorsichtsmaßnahme. Der Schutz der Bürger habe absolute Priorität. Die Bevölkerung vertraue schließlich darauf, dass sie einwandfreien Impfstoff erhält.“

„Sollte es nur den geringsten Anhaltspunkt geben, dass der Impfstoff nicht zu hunder Prozent den Qualitätskriterien entspricht, wird diese Charge auch nicht verimpft", betonte der Lichtenfelser Landrat Christian Meißner, der auch Vorsitzender des Bezirksverbandes Oberfranken des Bayerischen Landkreistages ist.

Etliche Senioren, die als erste geimpft werden sollten, wurden von den Landräten informiert, dass es Verzögerungen geben wird. Der Kulmbacher Landrat Klaus Peter Söllner hatte die Hiobsbotschaft am Sonntag um 10 Uhr während einer Pressekonferenz als erster verkündet und erklärt, dass das Problem mit der Kühlkette in mehreren oberfränkischen Regionen bestehe. Lediglich in Bamberg, Bayreuth und Forchheim haben die Impfungen planmäßig begonnen.

In den betroffenen Kreisen und kreisfreien Städten müsse nun geklärt werden, ob der Impfstoff Schaden genommen haben könnte. Dazu seien auch Konsultationen mit der Herstellerfirma Biontech nötig. Es geht bei der Impfung gegen das Corona-Virus nicht darum, wer am schnellsten, die meisten Impfdosen verimpft, erläutert Oliver Bär, Hofer Landrat, das gemeinsame Vorgehen. Sicherheit und gewissenhafte Arbeit zum Wohle der Bevölkerung habe allerhöchste Priorität.“ 

Auch in Coburg war man bereit: Eigentlich sollten in der Vestestadt ebenfalls bereits um 10 Uhr im Impfenzentrum Witzmannsberg 20 Personen das Vakzin erhalten. Zwei mobile Teams standen außerdem mit 80 weiteren Dosen bereit, um in zwei Pflegeheime des Landkreises auszurücken.

Die Politik wurde von der Panne mit den Kühlkoffern offenbar völlig überrascht. Ministerpräsident Markus Söder hatte vor dem Impfstart zwar vor negativen Folgen durch Lieferengpässe gewarnt: "Endloses Warten reduziert auch die Bereitschaft der Bevölkerung, sich impfen zu lassen", sagte der CSU-Chef der Deutschen Presse-Agentur. Allerdings hatte Söder auch betont, dass er darüber hinaus keine größeren Probleme erwarte. "Die Impflogistik steht, es braucht nur noch den Impfstoff. Der Bund beliefert die Länder und dann wird alles verimpft".

Noch ist nicht sicher, ob nun am Montag oder am Dienstag mit den Impfungen begonnen wird. „Gut möglich, dass wir morgen schon den nächsten Impfstoff erhalten“, sagt der Wunsiedler Landrat Berek. Am Samstag war der Corona-Imfpstoff jeweils per Polizeieskorte in die einzelnen Impfzentren geliefert worden. Es handelte sich um das Vakzin des deutschen Herstellers Biontech. Die Ampullen hätten an den meisten Standorten jeweils für hundert Impfdosen ausgereicht. „Schon in den nächsten Tagen werden die Chargen deutlich größer“, sagt BRK-Kreisgeschäftsführer Thomas Ulbrich.  

Auch das Hofer Landratsamt teilt mit, dass voraussichtlich, jedoch abhängig von einer neuen Lieferung des Impfstoffes durch den Freistaat, der Impfstart im Hofer Land am Montag stattfinden kann.

Ein eigentlich historischer Vormittag

Sonntag, kurz nach 8 Uhr. Eigentlich sollte dies ein historischer Augenblick sein. Noch weiß niemand, dass knappe drei Stunden später alles abgeblasen und auf die nächsten Tage verschoben wird. Doch Pathos ist an diesem eisigen Morgen im Landkreis-Impfzentrum in der Rot-Kreuz-Straße in Wunsiedel nicht aufgekommen. Es war eher eine professionelle, leicht aufgekratzte Stimmung zu spüren. Während die vier Ärzte noch eine Tasse Kaffee tranken, checken die Frauen und Männer vom sogenannten medizinischen Assistenzpersonal noch einmal alle Geräte und die Taschen. Auch der Wunsiedler Landrat Peter Berek war gekommen, um allen Beteiligten Danke zu sagen. Während der Weihnachtsfeiertage  war er mehrmals längere Zeit im Landratsamt, um letzte Details abzustimmen und  auch die Mitarbeiter des Gesundheitsamtes zumindest moralisch zu unterstützten. Wie seit Monaten gab es für das Team der Behörde keine Sonn- und Feiertage. Das Corona-Virus macht keine Pause, erst recht nicht an Weihnachten. „Wie zu befürchten, sind die Fallzahlen wieder gestiegen“, sagt Berek. Dies setze ihm richtig zu. „Umso mehr freut mich, dass es jetzt bald losgeht.“ Dass kurz darauf der erste Anlauf abgeblasen wird, nimmt er angesichts der Mega-Aufgabe nicht allzu tragisch. „Es handelte sich ja nur um hundert Impfdosen, das lässt sich erst einmal verkraften. Mir und allen Beteiligten ist  daran gelegen, dass alles hundertprozentig klappt.“ Die verschobene Impfkampagne zeige, wie gewissenhaft und verantwortungsvoll gearbeitet werde. Ein großes Lob zollt der Landrat dem „engagierten Team des BRK und der Ärzte“ Auf sie sei absolut Verlass. „Da kann man dann schon etwas beruhigter schlafen.“

Eigentlich wollten  die beiden Impfteams mit je zwei Ärzten, zwei medizinischen Assistenten und einer Verwaltungskraft am Sonntag  um Punkt 10 Uhr starten. Doch dann kam ein erster Anruf von der Regierung aus Bayreuth und stoppte die Aktion. Irgendwo in Bayern sei beim Transport des Impfstoffs an die Zentren womöglich die Kühlkette unterbrochen worden. Nun müsse erst eruiert werden, welche Impfzentren das vielleicht nicht permanent gekühlte Vakzin erhalten hätten, hieß es. Wie berichtet, muss der Biontech-Impfstoff durchgängig  bei minus 70 Grad gelagert und transportiert werden. 

Dass es am  Beginn der bisher größten Impfkampagne  der Bundesrepublik  noch keine Routinen gibt, zeigte auch ein weiterer Anruf im Wunsiedler Zentrum. Auf den Anamnesebögen, die die Patienten vor der Impfung durchlesen und unterschreiben müssen, fehlt eine Angabe. Die muss nun nachgetragen werden. Das ist kein Problem.  
Entweder am Montag oder Dienstag werden im Landkreis Wunsiedel zunächst die Bewohner und das Personal der Seniorenheime in Arzberg und Kirchenlamitz geimpft. Die Verantwortlichen der beiden Einrichtungen hatten als erste dem BRK mitgeteilt, dass sie startklar sind. Die übrigen Seniorenheime folgen – falls genügend Impfstoff vorhanden ist – ebenfalls noch Montag oder Dienstag oder unmittelbar darauf. 

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