Die Politik wurde von der Panne mit den Kühlkoffern offenbar völlig überrascht. Ministerpräsident Markus Söder hatte vor dem Impfstart zwar vor negativen Folgen durch Lieferengpässe gewarnt: "Endloses Warten reduziert auch die Bereitschaft der Bevölkerung, sich impfen zu lassen", sagte der CSU-Chef der Deutschen Presse-Agentur. Allerdings hatte Söder auch betont, dass er darüber hinaus keine größeren Probleme erwarte. "Die Impflogistik steht, es braucht nur noch den Impfstoff. Der Bund beliefert die Länder und dann wird alles verimpft".
Noch ist nicht sicher, ob nun am Montag oder am Dienstag mit den Impfungen begonnen wird. „Gut möglich, dass wir morgen schon den nächsten Impfstoff erhalten“, sagt der Wunsiedler Landrat Berek. Am Samstag war der Corona-Imfpstoff jeweils per Polizeieskorte in die einzelnen Impfzentren geliefert worden. Es handelte sich um das Vakzin des deutschen Herstellers Biontech. Die Ampullen hätten an den meisten Standorten jeweils für hundert Impfdosen ausgereicht. „Schon in den nächsten Tagen werden die Chargen deutlich größer“, sagt BRK-Kreisgeschäftsführer Thomas Ulbrich.
Auch das Hofer Landratsamt teilt mit, dass voraussichtlich, jedoch abhängig von einer neuen Lieferung des Impfstoffes durch den Freistaat, der Impfstart im Hofer Land am Montag stattfinden kann.
Ein eigentlich historischer Vormittag
Sonntag, kurz nach 8 Uhr. Eigentlich sollte dies ein historischer Augenblick sein. Noch weiß niemand, dass knappe drei Stunden später alles abgeblasen und auf die nächsten Tage verschoben wird. Doch Pathos ist an diesem eisigen Morgen im Landkreis-Impfzentrum in der Rot-Kreuz-Straße in Wunsiedel nicht aufgekommen. Es war eher eine professionelle, leicht aufgekratzte Stimmung zu spüren. Während die vier Ärzte noch eine Tasse Kaffee tranken, checken die Frauen und Männer vom sogenannten medizinischen Assistenzpersonal noch einmal alle Geräte und die Taschen. Auch der Wunsiedler Landrat Peter Berek war gekommen, um allen Beteiligten Danke zu sagen. Während der Weihnachtsfeiertage war er mehrmals längere Zeit im Landratsamt, um letzte Details abzustimmen und auch die Mitarbeiter des Gesundheitsamtes zumindest moralisch zu unterstützten. Wie seit Monaten gab es für das Team der Behörde keine Sonn- und Feiertage. Das Corona-Virus macht keine Pause, erst recht nicht an Weihnachten. „Wie zu befürchten, sind die Fallzahlen wieder gestiegen“, sagt Berek. Dies setze ihm richtig zu. „Umso mehr freut mich, dass es jetzt bald losgeht.“ Dass kurz darauf der erste Anlauf abgeblasen wird, nimmt er angesichts der Mega-Aufgabe nicht allzu tragisch. „Es handelte sich ja nur um hundert Impfdosen, das lässt sich erst einmal verkraften. Mir und allen Beteiligten ist daran gelegen, dass alles hundertprozentig klappt.“ Die verschobene Impfkampagne zeige, wie gewissenhaft und verantwortungsvoll gearbeitet werde. Ein großes Lob zollt der Landrat dem „engagierten Team des BRK und der Ärzte“ Auf sie sei absolut Verlass. „Da kann man dann schon etwas beruhigter schlafen.“
Eigentlich wollten die beiden Impfteams mit je zwei Ärzten, zwei medizinischen Assistenten und einer Verwaltungskraft am Sonntag um Punkt 10 Uhr starten. Doch dann kam ein erster Anruf von der Regierung aus Bayreuth und stoppte die Aktion. Irgendwo in Bayern sei beim Transport des Impfstoffs an die Zentren womöglich die Kühlkette unterbrochen worden. Nun müsse erst eruiert werden, welche Impfzentren das vielleicht nicht permanent gekühlte Vakzin erhalten hätten, hieß es. Wie berichtet, muss der Biontech-Impfstoff durchgängig bei minus 70 Grad gelagert und transportiert werden.
Dass es am Beginn der bisher größten Impfkampagne der Bundesrepublik noch keine Routinen gibt, zeigte auch ein weiterer Anruf im Wunsiedler Zentrum. Auf den Anamnesebögen, die die Patienten vor der Impfung durchlesen und unterschreiben müssen, fehlt eine Angabe. Die muss nun nachgetragen werden. Das ist kein Problem.
Entweder am Montag oder Dienstag werden im Landkreis Wunsiedel zunächst die Bewohner und das Personal der Seniorenheime in Arzberg und Kirchenlamitz geimpft. Die Verantwortlichen der beiden Einrichtungen hatten als erste dem BRK mitgeteilt, dass sie startklar sind. Die übrigen Seniorenheime folgen – falls genügend Impfstoff vorhanden ist – ebenfalls noch Montag oder Dienstag oder unmittelbar darauf.