Ein Komplett-Verzicht auf den Start russischer Sportler in Paris kommt für Sportminister Oleg Matyzin aber trotz aller Wortgefechte der vergangenen Monate nicht infrage. "Meine Position ist: Wir sollten uns nicht abschotten, verschließen und diese Bewegung boykottieren", sagte Matyzin. "Wir sollten die Möglichkeit des Dialogs maximal aufrechterhalten und bei Wettkämpfen antreten", fügte der Spitzenpolitiker hinzu.
Kritiker fürchten russische Propaganda
Diese Töne wiederum nähren die Sorgen der Kritiker einer Olympia-Starterlaubnis für russische Athletinnen und Athleten. Es gebe in Russland keine neutralen Sportler, sagte der ukrainische Sportminister Matwij Bidny unlängst der Deutschen Presse-Agentur. "Sie werden für die russische Propaganda benutzt", warnte Bidny.
Große Zweifel gibt es weiterhin daran, wie das IOC sicherstellen will, dass die startberechtigten Sportler aus Russland wirklich weder der Armee noch den Sicherheitsorganen angehören und den Krieg in keiner Weise unterstützen. "Jeder, der von den russischen Armee-Sportclubs vorbereitet wird, wird nicht dabei sein", versicherte IOC-Vizepräsident John Coates. Das IOC kündigte im Anschluss an die Prüfprozesse der Weltverbände ein weiteres unabhängiges Verfahren an, Details sind aber weiter unklar.
"Im Moment ist es nicht transparent", sagte der ukrainische Sportminister Bidny. Auch der Verein Athleten Deutschland bemängelte die undurchsichtige Lage und will bereits Regelbrüche festgestellt haben.
Wohl nur kleine Zahl russischer Sportler
Das ukrainische Olympia-Komitee wies das IOC darauf hin, dass eine Reihe von Russen und Belarussen, die an den Qualifikationswettkämpfen teilnehmen durften, nicht die IOC-Bedingungen erfüllen würden. Man habe eine Datenbank erstellt mit Screenshots und Videos von 700 Sportlern aus Russland, die die russische Aggression gegenüber der Ukraine unterstützen würden, sagte Minister Bidny.
Dass laut IOC-Vize Coates womöglich nur eine 40-köpfige Delegation von Teilnehmern aus dem Land der früheren Sportmacht Russland in Paris dabei sein wird, ist da eher ein schwacher Trost. In Tokio waren 2021 trotz Doping-Sanktionen noch 335 Russen am Start. Im Brief der baltischen NOKs an das IOC aber heißt es: "Ein einziger Vorfall wäre genug, um die Olympischen Spiele in eine Plattform für die Unterstützung des Krieges zu verwandeln."