Wer sich im Bereich Pädiatrie spezialisieren möchte, kann das seitdem nur noch durch eine Vertiefung im dritten Ausbildungsjahr tun. „Das wird aber viel zu wenig angeboten“, kritisiert der Kinderarzt. Dabei brauche es im Bereich der Kinder- und Jugendmedizin eigentlich sogar mehr Personal als in anderen Bereichen. Das bestätigt auch Felderhoff-Müser. Um einem Dreijährigen Blut abzunehmen, würden durchaus mal drei Mitarbeiter benötigt, erzählt die Ärztin. Es könne vorkommen, dass ein Fünfjähriger sich weigere, zum Abhören der Brust seinen Pullover ausziehen. Das erfordere deutlich mehr Zeit und Geduld als bei Erwachsenen.
„Wir haben die große Befürchtung, dass eine Kliniken schließen“
Die schrumpfende Zahl an Einrichtungen ist laut Hoch ein weiteres Problem. 2022 gab es seinen Angaben zufolge 326 Abteilungen, beziehungsweise Kliniken für Kinder- und Jugendmedizin in Deutschland. Vor gut 30 Jahren seien es noch gut 440 gewesen. Gleichzeitig steigt der Bedarf: „Wir haben viel mehr chronische Erkrankungen und seltene Erkrankungen“, sagt der GKIND-Geschäftsführer. Hinzu kommt, dass die Geburtenzahlen in Deutschland im Durchschnitt der letzten zehn Jahre gestiegen sind.
Es gelinge nur wenigen Kinderkliniken die Einrichtung kostendeckend zu führen, sagt Hoch. Die Klinken würden nach Leistung bezahlt. Saisonbedingt führe das dazu, dass die Häuser im Sommer zum Teil deutlich weniger Geld verdienten als im Winter, wenn viele Kinder krank seien. „Wir haben die große Befürchtung, dass einige Kinderkliniken schließen oder in die Insolvenz gehen müssen oder dass die Krankenhausträger Abteilungen schließen“, sagt Hoch. Deswegen fordern er und Felderhoff-Müser eine Grundsicherung der Finanzierung.
Die Versorgung von Kindern und Jugendlichen sicherstellen
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat mehrere Regelungen umgesetzt, die die Versorgung von Kindern stabilisieren sollen. Ein Ende 2022 beschlossenes Gesetz legte fest, dass für Kinderkliniken 2023 und 2024 jeweils 300 Millionen Euro mehr fließen. Garantiert werden soll damit das Erlösvolumen der Vor-Corona-Zeit von 2019, auch wenn Kliniken nur 80 Prozent davon erzielen. Die Finanzierung soll so auch unabhängiger von der leistungsorientierten Logik werden. Bei der geplanten Krankenhausreform sollen laut einem Eckpunktepapier von Bund und Ländern unter anderem die Bereiche Kinderheilkunde und Geburtshilfe einen „zusätzlichen Sicherstellungszuschlag“ erhalten.
Hoch kritisiert, dass die Soforthilfen seinen Angaben zufolge allen Kliniken zugutekämen, die einmal ein Kind versorgt hätten. Für die reinen Kinderabteilungen bleibe dadurch weniger übrig. Laut Kinderärztin Felderhoff-Müser komme es zudem vor, dass das Geld verwendet werde, um Defizite auszugleichen, anstatt es für die Schaffung neuer Stellen oder Ausstattung zu verwenden.
Beide Mediziner sind davon überzeugt, dass die Gesellschaft es sich nicht weiter leisten kann, die Versorgung von Kindern und Jugendlichen zu gefährden. Sie seien die Zukunft, sagt Felderhoff-Müser.