Der bayerische Grantler ist eine beinahe sprichwörtliche Figur. Immer nörgelnd, immer schimpfend, immer schlecht gelaunt - aber irgendwie gehört er dazu. Der Münchner „Tatort“ setzt diesem Grantler mit „Hackl“ nun ein Denkmal.
Der neue „Tatort“ (Sonntag, 20.15 Uhr imErsten) wird zur Ode an ein höchst bayerisches Phänomen, das Ivo Batic (Miroslav Nemec) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) in besonders renitenter Form begegnet: Der titelgebende „Hackl“ (hervorragend: Burghart Klaußner) ist kein humorvoller Grantler wie Karl Valentin und auch kein ebenso heimlicher wie offensichtlicher Philanthrop wie Gerhard Polt - er ist von eher zuschlagender Natur.
Das weiß vor allem Leitmayr, der von der letzten Begegnung mit diesem Hackl auch körperlich Spuren davongetragen hat. Eine Narbe an seinem Finger zeugt von der Bissigkeit dieses alten Mannes. Und so müssen er und Kollege Batic erstmal ganz tief durchatmen, als sie feststellen, dass der alte Grantler ganz in der Nähe eines Tatorts wohnt, der eigentlich so gar nicht passt zu dem Bild des beschaulichen, reichen, pittoresken Münchens.
Denn es ist eine Hochhausschlucht im - für Münchner Verhältnisse - als Problemviertel geltenden Stadtteil Hasenbergl, in der ein junger Mann nachts tödlich mit seinem Motorrad verunglückt. Dass er auf dem Rückweg von einer Apotheke war, in der er Tampons für seine Freundin besorgte, soll wohl den vorbildhaften Charakter dieses jungen Mannes unterstreichen, der - im Gegensatz zu anderen im Film porträtierten Altersgenossen aus dem Viertel - ein Ausbund an Tugend gewesen sein muss.
Umso unverständlicher erscheint es da, dass sein Tod wohl alles andere als ein Unfall war. Denn Spuren auf seiner Netzhaut weisen darauf hin, dass er von einem Laser geblendet wurde - und nicht zufällig stürzte.Unterstützt von ihrem Kollegen Kalli (Ferdinand Hofer) ermitteln die alternden Kommissare nun in dem Fall, treffen eine trauernde Mutter, eine überforderte Mutter - und Joshua Kimmich.
Der Fußballstar vom FC Bayern spielt in einer Mini-Rolle einen Fitness-Trainer, der den Polizisten zwar nicht sonderlich weiterhelfen kann, aber Kalli zumindest einen gesunden Shake mischt. „Dem Vernehmen nach hat sich Joshua Kimmich sehr professionell angestellt und war sehr freundlich“, sagte Schauspieler Wachtveitl, der beim Dreh mit ihm nicht dabei gewesen war, der „Augsburger Allgemeinen“. Er „kennt sich halt aus mit dem 90-Minuten-Format“. War Wutbürger Hackl genervt davon, dass der junge Mann nachts mit seinem lauten Motorrad durch die Nachbarschaft donnerte? Reicht Ruhestörung in München schon als Mordmotiv? Dieser Frage gehen Leitmayr und Batic nun nach - in einem ihrer möglicherweise letzten Fälle.
Denn das Münchner „Tatort“-Duo, das seit 1991 im Dienst ist, denkt über sein Ende nach. Noch gebe es keine konkreten Pläne, sagten Nemec (68) und Wachtveitl (64) in dem Doppelinterview der „Augsburger Allgemeinen“ zwar. „Andererseits muss man auch sagen: Wir sind ja keine 30 mehr“, sagte Wachtveitl. „Und irgendwann taucht am Firmament die Frage auf, wie lange wir noch über Zäune springen wollen...“ Nemec geht da mit: „Der Udo hat Recht: Ewig geht das nicht mehr.“ Vorher haben sie aber auf jeden Fall dem bayerischen Grantler noch ein Denkmal gesetzt.
Neuer München-„Tatort“ Ode an den bayerischen Grantler
Redaktion 10.03.2023 - 15:00 Uhr