Nachruf: Rudolf Reinhardt Hinterließ Spuren im Theater

Theaterarchiv Meininger Museen
Szene aus Dürrenmatts „Besuch der alten Dame“ 1966 im Meininger Theater mit Rudolf Reinhardt als Alfred III. (Zweiter von rechts) und Ursula Warsow in der Titelrolle Foto: / Theaterarchiv Meininger Museen

Der Schauspieler Rudolf Reinhardt ist im Alter von 93 Jahren gestorben. In den 1960er Jahren hat er auch im Meininger Theater Spuren hinterlassen.

 
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Meiningen - Zuletzt stand Rudolf Reinhardt nach 1990 in der erfolgreichen Aufführung „Das Ballhaus“, einer Reise mit Musik und Tanz durch 60 Jahre deutsche Zeitgeschichte, auf der Bühne des Deutschen Nationaltheaters Weimar. Jetzt ist der Schauspieler nach langer Krankheit und einer Infektion mit dem Coronavirus gestorben. Dem Mimen flicht die Nachwelt keine Kränze, so heißt es bei Schiller. Ein Blumenband der Erinnerung wird wohl bleiben, bei allen, die Rudolf Reinhardt kannten und auf der Bühne erlebt haben.

Geboren wurde Rudolf Reinhardt 1928 in Berlin als Kind einer Theaterfamilie. Sein Großvater, Rudolf Fuchs, war einer der Stars am Meininger Hoftheaters unter Herzog Georg II.. Seine Mutter, Elli Fuchs, erhielt zu Beginn ihrer Laufbahn als Schauspielerin noch Unterricht bei der Freifrau Helene von Heldburg, der Gemahlin des „Theaterherzogs“. Auch sein Vater war Schauspieler. Die Großmutter trug den Titel einer königlichen Hofopernsängerin in München.

Rudolf Reinhardt führte diese Theaterfamilientradition fort. Es war ihm zunächst wichtig, seine Ausbildung von 1947 bis 1949 am Schauspielstudio des Meininger Theaters unter der Leitung von Fritz Dietz zu vervollständigen. Rund 20 Jahre später kehrte er zurück. 1966 spielte Reinhardt auf der Meininger Bühne Hauptrollen, beispielsweise in Dürrenmatts „Besuch der alten Dame“ unter der Regie von Fred Grasnick und in dem selten gespielten Drama „Herodes und Mariamne“ von Friedrich Hebbel. Der Meininger Theaterkritiker Heinz Eingrüber schrieb dazu: „Die Gestaltung des Herodes (Rudolf Reinhardt) und seiner Gemahlin Mariamne (Heli Ohnesorge) war vollgültig. Ihre disziplinierte sprachliche Leistung strahlte auf das gesamte Ensemble aus.“

Immer wieder konnte Rudolf Reinhardt in seiner Laufbahn als Schauspieler mit namhaften Regisseuren zusammenarbeiten. So ab 1957 in Senftenberg mit Horst Schönemann. Dessen Inszenierungen wie Gorkis „Nachtasyl“ fanden überregionale Beachtung bis Berlin. Reinhardt gab darin einen vom Alkohol zerfressenen und auf Rettung heischenden Schauspieler. Die Kritik lobte ihn als neues Ensemblemitglied, das sich mit seinem Debüt ausgezeichnet eingeführt habe.

1963 wurde Reinhardt am Deutschen Nationaltheater Weimar von Regisseur Fritz Bennewitz mit der Titelrolle in Brechts „Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui“ besetzt. Auf die Frage, wie er diese Aufgabe betrachte, erzählte er aus seiner Flakhelferzeit 1944/45.

Damals habe er Hitler, das historische Vorbild des Ui, mit den charakteristischen Gesten gesehen. Er wisse, wen er da zu spielen habe, und dass der Schoß, aus dem diese Gangster gekrochen kamen, noch fruchtbar sei. Die Resonanz nach der Premiere war groß. Rudolf Reinhardt liefere als Ui eine originelle Hitler-Studie, schrieb ein Rezensent. Er treffe mit dem Gemisch von Feigheit, Großmäuligkeit und verbrecherischer Brauchbarkeit das Wesentliche dieser Figur.

Eine seiner erfolgreichsten Rollen am Weimarer Nationaltheater war die Darstellung des Schurken Autolycus in Shakespeares „Das Wintermärchen“, ebenfalls von Fritz Bennewitz inszeniert.

Die Fachkritik bescheinigte ihm, dass er mit seiner Charakterstudie eine neue Qualitätsstufe seines Könnens erreicht habe. 1980 gab er dann in Weimar unter der Regie der unvergessenen Schauspielerin Christa Lehmann den gewitzten Diener Jacques in Diderots „Jacques und sein Herr“. Die Aufführung war auch im DDR-Fernsehen zu sehen.

Im Laufe seines Schauspielerlebens verkörperte Rudolf Reinhardt unzählige Figuren und Charaktere. Am Erfurter Theater spielte er 1971 in Rudi Strahls Gaunerkomödie „Nochmal ein Ding drehen“ den Psychiater Dr. Irrwitz als ein kratzbürstiges, aber menschenfreundliches Nervenbündel, dem man im Ernstfall lieber nicht unter die Finger geraten sollte. Am Theater in Greifswald folgten 1978 der jüdische Geldverleiher Shylock in Shakespeares „Der Kaufmann von Venedig“ und darauf der Hauptmann von Köpenick im gleichnamigen Stück von Carl Zuckmayer – beides in der Inszenierung von Fred Grasnick. Letztgenannte Figur war Reinhardts Lieblingsrolle. Die sowohl tragischen als auch komischen Momente dieses Hauptmanns trafen auch sprachlich seine Berliner Herkunft.

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