Damals habe er Hitler, das historische Vorbild des Ui, mit den charakteristischen Gesten gesehen. Er wisse, wen er da zu spielen habe, und dass der Schoß, aus dem diese Gangster gekrochen kamen, noch fruchtbar sei. Die Resonanz nach der Premiere war groß. Rudolf Reinhardt liefere als Ui eine originelle Hitler-Studie, schrieb ein Rezensent. Er treffe mit dem Gemisch von Feigheit, Großmäuligkeit und verbrecherischer Brauchbarkeit das Wesentliche dieser Figur.
Eine seiner erfolgreichsten Rollen am Weimarer Nationaltheater war die Darstellung des Schurken Autolycus in Shakespeares „Das Wintermärchen“, ebenfalls von Fritz Bennewitz inszeniert.
Die Fachkritik bescheinigte ihm, dass er mit seiner Charakterstudie eine neue Qualitätsstufe seines Könnens erreicht habe. 1980 gab er dann in Weimar unter der Regie der unvergessenen Schauspielerin Christa Lehmann den gewitzten Diener Jacques in Diderots „Jacques und sein Herr“. Die Aufführung war auch im DDR-Fernsehen zu sehen.
Im Laufe seines Schauspielerlebens verkörperte Rudolf Reinhardt unzählige Figuren und Charaktere. Am Erfurter Theater spielte er 1971 in Rudi Strahls Gaunerkomödie „Nochmal ein Ding drehen“ den Psychiater Dr. Irrwitz als ein kratzbürstiges, aber menschenfreundliches Nervenbündel, dem man im Ernstfall lieber nicht unter die Finger geraten sollte. Am Theater in Greifswald folgten 1978 der jüdische Geldverleiher Shylock in Shakespeares „Der Kaufmann von Venedig“ und darauf der Hauptmann von Köpenick im gleichnamigen Stück von Carl Zuckmayer – beides in der Inszenierung von Fred Grasnick. Letztgenannte Figur war Reinhardts Lieblingsrolle. Die sowohl tragischen als auch komischen Momente dieses Hauptmanns trafen auch sprachlich seine Berliner Herkunft.