Niemand wisse aber, wie die vermissten Seeleute ausgerüstet seien, sagte der Sprecher. Immer wieder würden Menschen auch nach längerer Zeit lebend in kaltem Wasser gefunden. Laut den Seenotrettern könnten Menschen bei Wassertemperaturen um zwölf Grad nach Erfahrungswerten bis zu 20 Stunden überleben - es hänge aber auch von der Kondition und der Bekleidung, etwa einer Rettungsweste, der Verunglückten ab.
Sechs Seenotrettungskreuzer der DGzRS suchten am Unglücksort nach den Vermissten. Auch der Notschlepper „Nordic“ und weitere Schiffe von Behörden waren im Einsatz. Die Deutsche Marine beteiligte sich mit einem SAR-Rettungshubschrauber. Auch das Kreuzfahrtschiff „Iona“ der Reederei P&O Cruises, sei gebeten worden, am Unglücksort zu bleiben. Schiffbrüchige könnten an Bord medizinisch versorgt werden, hieß es.
Bilder des Erkundungsschiffs „Atair“ vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie zeigten, dass das Wrack nicht auseinandergebrochen sei. Renner kündigte an, das verbleibende Tageslicht für die Suche zu nutzen. Alle Arbeiten, die bei Dunkelheit geschehen könnten, sollten nach Anbruch der Dunkelheit fortgesetzt werden.
Havariekommando ließ Seegebiet von einem Sensorflugzeug überfliegen
Der Zusammenstoß der beiden Frachter ereignete sich in einem der meistbefahrenen Seegebiete weltweit - denn in der Deutschen Bucht verlaufen zwei international eingerichtete Schifffahrtsstraßen in Ost-West-Richtung, wie eine Sprecherin des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) sagte. Dabei handelt es sich um das Verkehrstrennungsgebiet (VTG) Terschelling-German Bight (Deutsche Bucht) vor den Ostfriesischen Inseln sowie das weiter nördlich liegende Verkehrstrennungsgebiet German Bight Western Approach (Deutsche Bucht West-Ansteuerung). Querend zu den beiden Verkehrstrennungsgebieten verläuft der Schiffsverkehr zu den deutschen Flussrevieren Ems, Jade/Weser und Elbe sowie auch zu den Offshore-Windparks in der deutschen Nordsee.
Das Havariekommando in Cuxhaven, das die Gesamteinsatzleitung übernahm, ließ das Seegebiet von einem Sensorflugzeug überfliegen, um nähere Erkenntnisse zu bekommen. Es ist die Behörde, die in Deutschland für die maritime Notfallvorsorge und das Unfallmanagement auf Nord- und Ostsee zuständig ist.
Die Frachter-Kollision weckte Erinnerungen an eines der größten Schiffsunglücke in der deutschen Geschichte - fast auf den Tag genau vor 25 Jahren. Am 25. Oktober 1998 war der italienische Frachter „Pallas“ auf der Nordsee unterwegs, als die Holzladung vor der dänischen Nordseeküste in Brand geriet. Das Schiff trieb führerlos in deutsche Gewässer und strandete vor der Insel Amrum. Es kam zu einer großen Ölverschmutzung, in deren Folge viele Vögel starben.