Wir sind ja nun schon längst nicht mehr alle Papst. Das im April 2005 nach der Wahl Joseph Ratzingers von der Bild-Zeitung formulierte kollektive Hochgefühl, das weniger religiös war als vielmehr der Stimmung nach dem Gewinn einer Fußball-WM glich, es ist längst tiefer, krisenhafter Ernüchterung gewichen. Von der anfänglichen Aufbruchstimmung ist weder in der Gesellschaft insgesamt noch in der katholischen Kirche mehr etwas zu spüren, die sich - wenigstens in Deutschland - nach unglücklichen Äußerungen Benedikts über den Islam, der Wiedereinführung der Karfreitagsfürbitte für die Juden, der Annäherung an die Piusbruderschaft, vor allem aber nach den Missbrauchsskandalen und dem teilweise unsäglichen Umgang damit beinahe am Rande des Abgrunds befindet. In der Kirche wird's immer traditionalistischer, aber in die Kirche will kaum einer mehr. Die Leute laufen ihr scharenweise davon.