Meininger Theater Erste Premiere in der neuenKammer-Box

Miriam Haltmeier erzählt die Geschichte der Seherin Kassandra rhythmisch und musikalisch. Der Soloabend hat am Freitag in den Kammerspielen Premiere. Foto: Christina Iberl

Eine Spielstätte in der Spielstätte: Mit der ersten Premiere am Freitagabend wird die Kammer-Box eingeweiht, die dem Meininger Theater neue Spielmöglichkeiten eröffnet.

 
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Meiningen - Ein neuer Raum für noch mehr Theater: Das ist die Kammer-Box. Entstehen wird dieser Spielort auf der Bühne der Meininger Kammerspiele, die durch ihre Wandelbarkeit viele spannende Raumlösungen zulässt. Als erste Produktion hat hier der Soloabend „Kassandra Reloaded“ am kommenden Freitag, 20.30 Uhr, Premiere.

Die Kammer-Box ist ein intimes Studio für 50 Besucher, ein Raum, in dem sich eine unmittelbare Nähe zwischen dem Geschehen auf der Bühne und dem Publikum herstellen lässt. Die Arbeiten, die in der Kammer-Box präsentiert werden, umfassen dabei Soloabende, musikalische Programme, Lectures, Sprachkonzerte oder auch experimentelle Formate.

Den Anfang macht also „Kassandra Reloaded“, ein Projekt von und mit Miriam Haltmeier – auf der Grundlage der 1983 erschienenen Erzählung „Kassandra“ von Christa Wolf. Darin werden die Geschehnisse, die zum Untergang Trojas führten, aus weiblicher Perspektive erzählt. Als Kriegsbeute nach Mykene verschleppt, wartet Kassandra vor den Toren des Palastes auf ihren Tod, den sie, von Gott Apollon mit der Sehergabe gleichermaßen beschenkt und bestraft, bereits vorhergesehen hat.

In Rückblenden erfahren wir, wie Kassandra, Tochter des trojanischen Königs Priamos, an dem herrschenden System in Troja, das mehr und mehr geprägt ist von Gewalt, Ausgrenzung und Unterdrückung, zu zweifeln beginnt. Gleichzeitig hinterfragt sie die patriarchale Ordnung und die Mythenbildung um die männlichen Helden, die bis heute nachhallt.

Wer ist diese Frau, die, als Königstochter geboren, die gesellschaftlichen Umbrüche zunehmend kritisch betrachtet, sich der Gesellschaft entzieht, um am Ende selbst Entscheidungsträgerin zu sein – auch wenn das bedeutet, sehenden Auges in den Tod zu gehen? Im Zentrum steht die Frage, wer in einer Gesellschaft das Recht hat zu sprechen und wem es versagt bleibt, wer gehört wird und wer stumm bleiben muss.

Miriam Haltmeier erarbeitet den Text rhythmisch und musikalisch: Mit Hilfe einer Loop-Station verwandelt sie die Vorlage in ein vielstimmiges Sprachkonzert – mal laut und drängend, mal fein und zurückhaltend – und dringt so tief in das Wesen der Figur ein, um die Fragen, die die Erzählung aufwirft, aus heutiger Sicht zu betrachten. Im Anschluss an die Vorstellungen sind die Zuschauer eingeladen, im Foyer der Kammerspiele den Abend in Club-Atmosphäre mit Musik ausklingen zu lassen und ins Gespräch zu kommen.

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