Meiningen. Einen Tag der offenen Tür bietet die Meininger Regelschule Am Kiliansberg morgen von 13 bis 15.30 Uhr allen zukünftigen Fünftklässlern und deren Eltern an. Hintergrund sind erfolgreiche anderthalb Jahre als „Schule mit ganztägigem Angebot“, im Volksmund schlicht Ganztagsschule genannt.

Es folgt ein Elternabend für die Regelschüler in spe am 23. Februar ab 19 Uhr – Beratungslehrerin Bianka Hohmann wird auch hier den Interessenten das Ganztagskonzept vorstellen.

„Nach anderthalb Jahren haben wir uns an den neuen Ablauf gewöhnt“, schmunzelt Schulleiterin Christina Eichhorn. „Denn der Tagesrhythmus ist nun wirklich einschneidend anders. Früher gingen die Schüler 12.45 Uhr nach Hause. Jetzt geht der Unterricht bis 14.30 Uhr. Bis 15.30 Uhr schließen sich die Kurse an. Nach anfänglichen Diskussionen und viel Skepsis können wir jetzt feststellen: Das Modell hat sich bewährt. Eltern wie Schüler sind begeistert.“ Denn die Ganztagsschule bringt nun mehr Farbe, mehr Lebendigkeit in den Schulalltag, Lernen wird mit Spiel und Spaß verknüpft und In-die-Schule-Gehen bereitet den Fünft- und Sechstklässlern mehr Freude.

Übergang erleichtern


„Wir wollen mit dem Modell den beiden ersten Jahrgängen der Regelschule den Übergang von der Grundschule erleichtern. Ein weiterer positiver Effekt: In den Klassen fünf haben wir seit Jahren erstmals wieder Eltern, die sich engagieren. Auch der Elternstammtisch ist zur regelmäßigen Institution geworden“, ergänzt Bianka Hohmann, Beratungs- sowie Deutsch- und Geschichtslehrerin.

Rhythmus mit Pause

Der neue Tagesablauf der Ganztagsschule „hat einen immer wiederkehrenden Rhythmus von Anstrengung, Entspannung und Bewegung mit Pausen. Die Disziplin der Schüler hat sich spürbar verbessert“, so die Schulleiterin. 7.25 Uhr starten die ersten beiden Stunden in den fünften und sechsten Klassen. Von 9 bis 9.10 Uhr gibt es ein gemeinsames Frühstück. Es folgt die dritte Stunde. 10 Uhr ist Hofpause – „alle gehen an die frische Luft, um richtig durchschnaufen zu können. Das überlassen wir nicht dem Selbstlauf“.

Individuelle Lernzeit

Nach der vierten Stunde folgt von 11 bis 12 Uhr die individuelle Lernzeit und der wiederum bis 13 Uhr die Mittagsfreizeit. „Dabei ist unser Schwerpunkt, dass Schüler und Lehrer gemeinsam essen. Der Erzieher kann dabei Einfluss auf Tischsitten nehmen, auf Benehmen. Denn viele Kinder essen zu Hause nicht mehr mit den Eltern, sind auf sich selbst gestellt“, betont Bianka Hohmann. Und: „Die Schüler müssen nicht das essen, was im Angebot ist. Sie können durchaus Leckereien von zu Hause mitbringen.“

Von 13 bis 14.30 Uhr sind weitere zwei Unterrichtsstunden eingetaktet. Danach bis 15.30 Uhr die Kurse. Ob kochen, tanzen, basteln, Computerarbeit, Theater oder Alte-Spiele-Spielen in der Turnhalle: Die Lehrer organisieren diese Stunde über das Projekt „Jugendarbeit an Schulen“ und rechnen sie beim Jugendamt des Landratsamtes ab. Eingebunden dabei ebenso Eltern, ehemalige Schüler oder Vereine als Kursleiter. Der Träger der Jugendarbeit ist im Landkreis Schmalkalden-Meiningen im Übrigen das DRK. „Das ist uns eine riesige Unterstützung. Sie glauben gar nicht, wie viel Arbeit – Ehrenamtsarbeit in großen Teilen – in den Kursen steckt“, betont Christina Eichhorn.

Spielerisch lernen

Dienstag ist Mathe-Tag. Mit einem sogenannten Rechentrainer lernen die Kinder das mathematische Denken auf rein spielerische Art und Weise. Mittwoch ist Lese- und Sprachentag. „Unter anderem bieten wir dabei das Pro-Lesen-Projekt an. Die Kinder sitzen dann bei mir auf dem Fußboden und lesen – im Wechsel zwischen laut und leise“, so Bianka Hohmann.

Keine Hausaufgaben

Donnerstag haben die anderen Fächer den Vorrang. „Der Vorzug des Ganztagskonzeptes ist ohne Zweifel, dass die Kinder zu Hause keine Hausaufgaben mehr zu erledigen haben. Damit stehen allen die gleichen Voraussetzungen für gute oder schlechte Leistungen zur Verfügung. Die Kinder besitzen alle das gleiche Ausgangswissen für die nächste Stunde.“ Unabhängig davon, ob ein Kind in einer sozial schwachen Familie lebt oder eben nicht.

Bianka Hohmann: „Natürlich sind dafür ganz enge Absprachen aller Kollegen notwendig. Wenn ich zum Beispiel im Geschichtsunterricht die Pyramiden behandle, dann kann ich sie nicht auch noch basteln. Das erledigen die Kinder dann mit einem anderen Kollegen in der individuellen Lernzeit am Donnerstag.“ So visualisieren die Schüler das im Unterricht Gelernte und prägen es sich besser ein.

Christina Eichhorn: „Wir wollten, dass Schule mehr ist als nur Unterricht. Im vorigen Jahr knüpfte die Hausaufgaben-Stunde noch direkt an den Unterricht an. Das erschien uns in der Praxis als nicht so günstig. Hausaufgaben sind vor 150 Jahren entstanden, weil der Unterricht verkürzt wurde. Um das zu kompensieren, führte man Hausaufgaben ein. Nach 150 Jahren schein es uns an der Zeit, etwas zu verändern! Also haben wir das geändert 2010. Hausaufgaben haben sich also überholt. Jetzt gibt es die individuellen Lernzeiten – da knüpfen die Kinder dort an, wo sie Defizite haben und können so ihre Wissenslücken schließen.“

Vorreiter

Schulen mit ganztägigem Angebot „gibt es in unserem Schulamtsbezirk meines Wissens nur bei uns und dann noch in Floh-Seligenthal. Wir jedenfalls fühlen uns unterdessen sehr wohl mit dem Modell.“ Kerstin Hädicke