Meiningen Die etwas andere Miss-Wahl: Meiningen sucht die achte Hütes-Holle

Antje Kanzler

Die Amtszeit von Meiningens siebter Hütes-Holle nähert sich ihrem Ende. Noch in diesem Monat wird neu gewählt. Für die "Miss-Wahl" der etwas anderen Art werden jetzt Bewerberinnen gesucht.

 
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Meiningen - Sie sind ganz verschieden, auch wenn das Amt immer dasselbe ist: die Hütes-Hollen. Meiningens Repräsentationsfigur zeigte sich im Laufe der Jahre sehr wandlungsfähig. Die Hütes-Holle braucht keine Modelmaße zu haben. Damen jenseits der 30, 40 oder 50 sind genauso gefragt wie 20-Jährige. Blondinen werden - so könnte man meinen - ein wenig bevorzugt, aber auch das ist nirgendwo festgeschrieben. Man muss nicht einmal Meiningerin sein. Wer Spaß an einem solchen Amt hat, das neben Kenntnissen der Stadt, ihrer Geschichte und der Meininger Leibspeise nur Freundlichkeit, Kontaktfreude und Redetalent voraussetzt, sollte sich jetzt bewerben. Denn die Gelegenheit ist gerade günstig. Die amtierende siebte Hütes-Holle, Silke Rammig, hat bereits eine doppelte Amtszeit hinter sich. Sie repräsentierte Meiningen so lange wie keine ihrer Vorgängerinnen und findet, dass nun mal ein neues Gesicht gebraucht wird. Jede Neue hat die Chance, dem Amt auch inhaltlich ein neues Gesicht zu geben.

Bewerberinnen gesucht

Die achte Hütes-Holle wird am Sonntag, 31. März, 15 Uhr, im Meininger Volkshaus gewählt. Die Band Sunshine Brass sorgt für musikalische Unterhaltung. Dazu gibt es Kaffee und Kuchen.

Der Wahl stellen können sich Frauen jeden Alters ab 18 Jahren. Die Bewerberinnen sollten redegewandt, spontan und schlagfertig sein und natürlich die Meininger Leibspeise, die Hütes, mögen. Sie sollten sich der Stadt sehr verbunden fühlen. Auch Kenntnisse der Stadtgeschichte und -politik sind von Vorteil.

Die Hütes-Holle übernimmt pro Jahr zehn Repräsentationstermine für die Stadt (meist am Wochenende, auf Wunsch auch mehr). Sie bekommt dafür eine finanzielle Aufwandsentschädigung und ein Kleid auf den Leid geschneidert.

Bewerbungen sollten bis 15. März an den Fachbereich Kultur der Stadt Meiningen, (03693)

45 46 52, geschickt werden - per Post (Schlossplatz 1, 98617 Meiningen) oder E-Mail (kultur@meiningen.de).

Warum hat Meiningen eine Hütes-Holle?

Die Hütes-Holle ist entlehnt aus dem von Rudolf Baumbach geschriebenen "Lied vom Hütes". Es handelt von Frau Holle, die den Bauern den Anbau von Kartoffeln statt Wein, den sie versauern lassen hatte, schmackhaft machen wollte und in einer Meininger Schänke erstmals aus Kartoffeln Klöße fertigte. Der damalige Bürgermeister soll von der neuen Speise begeistert gewesen sein. Frau Holle sprach darauf zu ihm: "Hier hast Du das Receptum Hüt es!" Seitdem werden die Thüringer Klöße im Volksmund "Hütes" genannt. Die Wahl der Hütes-Holle erfolgt vor dem Stadtfest. Für die Auserwählte ist dies eine große Ehre, aber auch mit Pflichten verbunden. Zum Hütesfest verkörpert sie die von Baumbach als Frau Holle bezeichnete Schöpferin der Klöße.

Zwar gehören einige feste Repräsentationspflichten dazu, vor allem natürlich zum Hütesfest mit dem Hütesritual auf der Stadtfestbühne. Und für die drei Stadtfesttage braucht die Meininger Hoheit tatsächlich eine gute Kondition. Ein Messebesuch auf der Grünen Woche in Berlin, wo die "Kloßfrau" Thüringer Gastlichkeit verkörpert, steht meist auch auf dem Programm und noch einige Veranstaltungen mehr. Darüber hinaus aber haben die bisherigen Damen ihrem Amt ganz unterschiedliche Facetten gegeben und das darf auch künftig so sein. Da wurde zu Kinderveranstaltungen ins Schlundhaus eingeladen, die damit endeten, dass die Holle die Betten aus dem Fenster schüttelte, sodass es Süßigkeiten auf die Kinder in der Schlundgasse schneite. Da wurden Besuchergruppen von der Hütes-Holle durch die Stadt geführt. Sie las auch Sagen und Geschichten vor oder kochte mit Meininger Gästen selbst die beliebte Kartoffelspeise. Möglichkeiten gibt es viele, eine ganz individuelle Hütes-Holle zu sein.

Für ihre repräsentativen Pflichten bekommt sie ein maßgeschneidertes Dirndl mit Schärpe und einen Friseurbesuch spendiert. Auch zahlt die Stadt eine kleine Aufwandsentschädigung für jeden Auftritt.

Andere Städte haben Königinnen, Meiningen die heidnische Göttin Frau Holle zu ihrem Maskottchen gemacht. Eine Gestalt, märchenhaft und sagenumwoben, die obendrein einen Bezug zu Meiningen hat. Die Idee entstand, als 1995 das Hütesfest zu Ehren der beliebten Meininger Kartoffelspeise aus der Taufe gehoben wurde. Kurz zuvor, am 9. Juni 1995, war Gitta Wabnitz, eine Meiningerin mit Humor und Schlagfertigkeit, als erste Hütes-Holle (anfangs noch Hütesfrau) gewählt worden. Seither kamen weitere sechs Damen zu der Ehre dieses Ehrenamtes: Rita Wachs, Burga Körner, Juliane Büttner, Manuela König, Cornelia Schmädicke und Silke Rammig. Das Ritual um den Hütes sollte von nun an Höhepunkt jedes Stadtfestes werden. Die Hütesfrau beziehungsweise später Hütes-Holle wurde darüber hinaus ganzjährig zur Meiningen- und Kloß-Botschafterin.

Jetzt wird also die nächste Repräsentantin gesucht. Immerhin: Eine Bewerbung traf schon ein. Doch wäre es natürlich zu wünschen, dass die Jury am 31. März im Volkshaus tatsächlich eine echte Wahl hat.

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