Gotha ist offenbar keine Luther-Stadt. In Siegfried Wittigs höchst kurzweiligen Einführungsrede zur heutigen Stadtführung kommt der Reformator zwar schon nach acht Minuten vor: "Er ist ja eigentlich unser Landsmann", erklärt er dem norddeutsch geprägtem Publikum. Aber sonst redet er eher von Gothaer Herzögen und Gothaer Versicherungen. Und vom Gothaer Bier, das - so seine schelmische Ergänzung zu einer im wahrsten Sinne todernsten Geschichte - Luther das Leben gerettet habe, als er, von Nierensteinen gequält, am 27. Februar 1537 aus Schmalkalden kommend in Gotha eintraf. Um sein Leben fürchtend hatte Dr. Martinus hier sein erstes Testament gemacht und darin Gotha zum Begräbnisort bestimmt. Aber er erholte sich wieder und lebte noch neun Jahre. Der Reformator hat überhaupt viel gelitten, wenn er in Thüringen war. Als er etwa auf der Wartburg die Bibel übersetzte, plagten ihn schwere Verdauungsstörungen, weil ihn die Ritterkost überforderte. Mein Arss ist bös worden schreibt er darüber in einem Brief.

Das Haus, in dem Luther beinahe vorzeitig das Zeitliche gesegnet hätte, heißt "Zur Löwenburg" und steht heute noch: Direkt am Markt, mit einer Erinnerungstafel und einer feinen Konditorei im Erdgeschoss. Aber mehr Lutherstätten wird Stadtführer Wittig heute nicht besuchen: "Dazu gibt es eigene Führungen", sagt er.