Literatur Ein Geschenk für einen Wirbelwind

Annett Recknagel
Die Aufnahme der Familie - Susanne Ullrich, ihr Partner Gavin und Tyler – entstand während eines Aufenthaltes in der Heimat auf dem Maßkopf. Foto: Annett Recknagel

Die ehemalige Hohlebornerin Susanne Ullrich hat ein Kinderbuch geschrieben und dokumentiert so ihre Heimatverbundenheit.

 
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Floh-Seligenthal - Babys wirbeln das Leben von zwei Menschen gehörig durcheinander. So war das auch bei der gebürtigen Hohlebornerin Susanne Ullrich und ihrem Partner Gavin. Hier schaffte es der mittlerweile anderthalbjährige Tyler, seine Eltern besonders kreativ zu beeinflussen. Ihre Liebe zu dem kleinen Wirbelwind offenbarte beiden ein schreibendes Talent. Kurz vor Weihnachten 2020 erschien „Kiwi in Lederhosen“, Susanne Ullrichs Erstlingswerk, ein Kinderbuch für Tyler. „Ich wollte schon ganz lange ein Kinderbuch schreiben“, erzählt die 39-Jährige.

Weil sie ihrem Sohn zum ersten Geburtstag ein ganz spezielles Geschenk machen wollte, kam sie auf eine Idee, für ihn eine Geschichte zu erfinden. Allerdings keine alltägliche. „Es sollte kein Standard werden“, sondern vielmehr ein Buch über Tyler selbst. Und so wurde Kiwi geboren, ein Piepmatz in Lederhosen. Und warum ausgerechnet ein Kiwi? Diese Vogelart ist in den Wäldern Neuseelands, der Heimat von Tylers Papa, zu Hause. Die Lederhose dagegen spricht für Bayern, wo die kleine Familie derzeit wohnt. Susanne Ullrich stammt aus Hohleborn, einem Ortsteil von Floh-Seligenthal.

Im Jahr 2000 legte sie am Philipp-Melanchthon-Gymnasium in Schmalkalden das Abitur ab. Danach führte sie ein Studium der Medienwirtschaft nach Stuttgart. Im April 2005 schloss sie das erfolgreich ab und arbeitete seitdem als Wirtschaftsingenieurin mit dem Schwerpunkt Medien und Marketing bei einer Werbeagentur in München. Während dieser Zeit war sie sehr oft im heimischen Hohleborn. „Ich bin ein Einzelkind und habe ein sehr enges Verhältnis zu meiner Familie“, sagt sie. Zudem mag sie die Thüringer Berge und ist sehr naturverbunden. Dort schöpfte sie Kraft für ihren Beruf. Der führte sie weiter nach Berlin. Irgendwann fasste sie den Entschluss, Neuseeland zu entdecken. „Das war immer mein absolutes Traumland“, sagt sie. Bislang allerdings kannte sie es ausschließlich von Fotos. Höchste Zeit, es persönlich zu erforschen. Einen Monat nahm sich die ehemalige Hohlebornerin Zeit, dies zu tun. „Die Landschaft dort ist wunderschön, die Leute sind super entspannt und die Kultur fasziniert mich“, schwärmt Susanne Ullrich von diesem Land.

Die Reise entwickelte sich für sie zu einem Märchen. In Neuseeland nämlich lernte sie ihren jetzigen Partner Gavin kennen. Der reiste seiner Liebsten schon nach drei Monaten nach Berlin nach. Susanne Ullrich aber fehlten die Berge. Und so suchten sich beide Arbeit in München und zogen dorthin. Ihr Partner begann, deutsch zu lernen. Als Wirbelwind Tyler geboren wurde, stand für die Eltern fest, den Sohn zweisprachig aufzuziehen. Die Elternzeit absolvierten beide gleichzeitig. Und weil der Papa in dieser Periode sich auch sehr viel um Tyler kümmern konnte, hatte Susanne Ullrich Zeit zum Schreiben. „Die Geschichte hat sich nach und nach entwickelt“, erinnert sie sich. Wichtig war es ihr, beide Orte – Neuseeland und München – darin zu verankern. Und freilich hat sie im Buch auch die Thüringer Klöße und die Rostbratwürste untergebracht.

Kiwi, neben Susannes Sohn der zweite Held der Geschichte, ist ein Kuscheltier. Tyler, der kleine Wirbelwind von Susanne Ullrich und ihrem Partner Gavin, zieht ihm eines Tages eine Lederhose an und siehe da – das Spielzeug erwacht zum Leben. Das Abenteuer kann beginnen. Natürlich entdecken die beiden dabei Unterschiede, aber auch Gemeinsamkeiten ihrer Kulturen. Geschrieben hat Susanne Ullrich das Kinderbuch zweisprachig, in Deutsch und in Englisch.

Natürlich möchte Susanne Ullrich ihrem Tyler bald schon Neuseeland zeigen. Wegen Corona allerdings ist das im Moment recht schwierig. Seine Verwandtschaft väterlicherseits hat der kleine Mann bislang nur via Bildschirm kennengelernt. Genauso näherte sich Susanne Ullrich ihren Lesern. Über die sozialen Netzwerke stellte sie das Buch vor. Zudem schickte sie ein Exemplar mit handgeschriebenen Brief an den neuseeländischen Botschafter in Berlin. Der war so begeistert davon, dass er eine online-Lesung an einer zweisprachigen Schule in Frankfurt organisierte. Susanne Ullrich war total begeistert. Auch vor österreichischen Schülern hat sie ihren „Kiwi in Lederhosen“ schon vorgestellt. „Über Zoom – das hat super gut geklappt“, erzählt sie. Auch alle Illustrationen im Buch stammen aus der Hand von Susanne Ullrich. Das sei sehr aufwendig gewesen. Ende April kommt die kleine Familie für etwa einen Monat nach Hohleborn. Zum Abschalten und zum Entspannen. Die Vorfreude ist schon jetzt groß. Und freilich hat sich in Susanne Ullrichs Kopf bereits eine neue Idee für ein zweites Kinderbuch fest gesetzt. „Der Elefant im Dirndl“ lautet sein Titel. Diesmal hat sie sich eine Illustratorin dazugeholt. Erscheinen soll das Buch, das sich mit der indischen Kultur beschäftigt, schon im Mai. „Das Konzept ist das gleiche“, verrät die junge Frau. Damit sich keine Fehler einschleichen, hat sie sich von einem Experten aus Indien beraten lassen.

Derweil ist ihr Partner auch unter die Schriftsteller gegangen. Sein Kinderbuch „Tylers Tale of Blake the Whale“ ( Tylers Geschichte mit Blake, dem Wal) ist gereimt und handelt von einem Weltraumwal. Die Ideen werden dem Paar so schnell nicht ausgehen. Kulturen, die auf kindgerechte Weise beschrieben werden können, gibt es ausreichend. „Australien wäre auch nicht übel. Mal sehen, was noch kommt“, meint Susanne Ullrich und blickt trotz Corona recht zuversichtlich in die Zukunft. „Man hat die Wahl: zu Hause sitzen und sich aufregen oder zu Hause sitzen und was draus machen“, sagt sie. Mit seinen Büchern will das Paar es Kindern erleichtern, mit allen Sinnen die Welt zu entdecken und Freundschaften über die Grenzen hinaus zu schließen. www.tulingi.com

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