Langenfelder Karneval Die Gäste gratulierten – der ACV lieferte

Werner Kaiser

Stell dir vor, es ist 70. Geburtstag, und alles stimmt – dieses Resümee haben sich die Mitglieder vom Armbacher Carnevalsverein aus Langenfeld mit ihrer Geschichte und ihrem Jubiläumsprogramm redlich verdient.

 
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Da stürmen zwei zur Bühne – es wird doch nicht das Prinzenpaar sein? Man ist in Langenfeld froh und stolz über diese Ehre, und diesmal sind die beiden Tollitäten Prinz Mirko II. vom Weißen Schwan (auch als Ortsteilbürgermeister Rübsam bekannt) und (auch im richtigen Namen) seine Gemahlin Prinzessin Jeannette I. von Schere und Kamm. Zuvor waren schon Alexander I. vom lustigen Kaltenborner Land und Johanna I. vom Platz unter den Linden als kleines Prinzenpaar proklamiert worden. Und wer ist in konstitutionellen Narrokratien hierzu befugt? ACV-Präsidentin Katrin Luck und ihre Vize Dorit Hoßfeld. Darauf einen Tusch vom Marco.

Die Tücken der Strumpfhose

Die Armicher Jecken brauchten ihr als Büttenabend ausgewiesenes Jubiläumsfest nicht pandemisch zu verschieben: Ihr Verein ist vom Jahrgang 1953. Trotzdem winkte die Freude über das Ende der karnevalistischen Abstinenz überall heraus. „Es ist sooo cool, wieder vor einem voll besetzten Saal zu stehen, richtig cool“, rief Jana Wiese am Beginn ihrer Bütt, und sie hat die Statur für den nötigen Nachdruck. Die Statur bot denn auch den Aufhänger für ihre Auskünfte zum Thema Hula-Hoop-Abnehm-Lehrgang und über die Schwierigkeiten mit dem Anlegen der Strumpfhose, letzteres durch eine praktische Vorführung illustriert, was den Saal in Begeisterung versetzte und die Klösterer Jecken mehrfach in ihren Uiuiui-Gesang ausbrechen ließ. So habe sie natürlich nicht mehr in die Bütt gepasst, rief Jana Wiese, aber dieses Möbel war zuvor schon durch Joachim Lebens eingeweiht worden, einen schon in so mancher Narrhalla beklatschten Wortkünstler, der diesmal seine Erfahrungen vor und nach dem Einzug ins Seniorenheim darlegte: „Wenn zwei sich streiten, fliegen die Dritten.“

„Der Karneval von Langenfeld ist das Resultat einer Schnapsidee“, hat Reiner Kallenbach schon vor Jahren ermittelt. Ausgangpunkt – vor oder nach dem Getränk – war die Frage, ob die den Ort durchströmende Armbach schiffbar sei, und daraus ist eine seit 70 Jahren lebenspralle Gaudi entstanden. Die „Armbach-Begehung“ in Gestalt des Faschingsumzugs findet zwar inzwischen nur noch alle fünf Jahre statt, die fünfte Jahreszeit aber jährlich. Elf Herren fanden sich damals zur Gründungsversammlung ein und bildeten anschließend gleich den Elferrat. Als erster Präsident fungierte Willi Jasulaitis. Ortsansässige SED-Mitglieder seien durchaus vertreten gewesen; Reiner Kallenbach denkt sich, neben deren karnevalistischen Neigungen könnte auch der Wunsch der Obrigkeit nach Kontrolle mitgespielt haben.

Ein Wörtchen zu Dynastien: Helmut Kallenbach, der Vater unseres Gesprächspartners, ist auf einem Bild aus dem Familienalbum als Pferdekutscher und Steuermann eines der ersten Umzugswagen zu sehen. Sohnemann Reiner, schon ewig ACV-ler, gehört inzwischen zu den unverzichtbaren guten Geistern im Hintergrund. Die erforderliche große Klappe hat er weitergereicht: Tochter Katrin Luck, die Präsidentin, vor Jahren beim Debüt in der Veranstaltungsleitung noch sichtlich angespannt, macht das mittlerweile ganz souverän. Und - Überraschung: Mit Kinderprinz Alexander I. steht schon die nächste Generation bereit.

Was Wunder, wenn die Worte auch gesungen daherkommen. Denn außerhalb des schriftlichen Programmablaufs ließ die närrische Exzellenz schnell mal ein dynamisches „Komm wir halten die Welt an“ ins Mikrofon. Die weiteren Auftritte in dieser Sparte besorgte mit ihrer ausgebildeten Stimme Theresa Geißhirt. Bei Wolfgang Petrys „Der Himmel brennt“ als Aufheizer holte sie sich Präsidium und Prinzenpaar mit auf die Bühne. Der vergessene Farbfilm von Nina Hagen ist selbst schon mit reichlich närrischem Potenzial aufgeladen, das die Sängerin mit Pfeffer rüberbrachte.

Nachwuchsarbeit als Glanznummer

Die siebzigjährige Geschichte des ACV ist ein Panoptikum erfolgreicher Nachwuchsarbeit, das zeigte sich beim Jubiläumsprogramm vor allem bei den Tänzerinnen und Tänzern in einer herzerfrischenden Abfolge und zugleich mit dem Eindruck: Während der letzten beiden Jahre ohne Büttenabende (oder Gala- und Prunksitzung, wie’s beliebt) lag der Langenfelder Karneval nicht vergessen in der Schublade. Die Ideen waren aufgekommen, die Schrittfolgen und das Design durchdacht worden, neue Formationen fanden sich zusammen. Der ebenso lebendige wie hochpräzise Gardemarsch, mit dem die Flammengarde das Ballettfach eröffnete, führte in einen Reigen, der in Choreografie, Outfit und Darbietung sein Niveau ohne einen Durchhänger beibehielt.

Hier sind nur Beispiele möglich: Gerade bei den Kleinsten – beim ACV die Tanzmäuse – sind ein paar helfende Hände und Köpfe unerlässlich, besonders wenn man sich vorgenommen hat, ein Märchen mit dem kennzeichnenden Satz „Wer ist die Schönste im ganzen Land?“ in Bewegungen und Schritte umzusetzen, wofür Schneewittchen, Stiefmutter, Jäger und nicht zuletzt die sieben Zwerge erforderlich waren. Die Institution Tanzmariechen nahm in Langenfeld eine Trioform mit Nele Siewert, Lilly-Ann Otto und der siebenjährigen Ida Wolf an. Ein wenig Spott war dabei, als die Zappelfüße in eigener Choreografie unsere erfolglosen WM-Fußballer auflaufen ließen, die bei der Nationalhymne freilich die Hand aufs Herz und nicht auf den Mund hielten.

Ganz neu in der großen Truppe: die von Jana Wiese betreuten „Schmuckstücke“ – der Name trifft für die Damen ebenso wie für ihre Leistung zu. Nicht zu vergessen die tanzenden Herren: Die Kirmesburschen erschienen diesmal als Stewardessen, die sich der Tradition getreu vor der zweiten Auftrittshälfte entblößten. Den krönenden Abschluss bildete die Riege kleiner Schwäne, die sich allerdings nicht im Spitzentanz, sondern im Kraftsport präsentierte.

ACV

Gründungsmitglieder:
 Ali Rexhäuser, Herbert Leifer, Willi Jasulaitis, Kurt Schleifer, Hubert Schneider, Kurt Reum, Hubert Tenner, Gilbert Häuser, Heinrich Scarbata, Ernst Eberhardt, Wilhelm Beck

Mitglieder:
 rund 100

Präsidentin:
 Katrin Luck; Vizepräsidentin: Dorit Hoßfeld

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