Landratswahl-Ergebnis Sonneberger lassen die AfD jubeln

Nach dem Ausgang der Wahl gratuliert eine befreundete Kronacherin dem Foto: Carl-Heinz Zitzmann

Robert Sesselmann (AfD) setzt sich in der Stichwahl klar gegen den CDU-Kandidaten Jürgen Köpper durch. Er wird damit der erste „blaue“ Landrat Deutschlands.

 
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Nach drei ausgezählten Stimmbezirken von 69 sah es nach einem Kopf-an Kopf-Rennen aus: Sesselmann 50,1 Prozent zu 49,9 Prozent Köpper. Doch dann kristallisierte sich schnell ein klarer Vorsprung für Robert Sesselmann heraus. Als die ersten zehn Ergebnisse aus den 69 Wahllokalen in den fünf Städten und drei Gemeinden des Landkreises bekannt waren, lag der AfD-Bewerber durchgängig vorne: 54,2 Prozent Sesselmann zu 45,8 Prozent Köpper. Um 18.20 Uhr waren bereits 28 Stimmbezirke ins vorläufige Ergebnis eingeflossen: Demnach führte Sesselmann zu diesem Zeitpunkt mit 57,6 Prozent der Stimmen, Köpper sprachen bis dato 42,4 Prozent ihr Vertrauen aus. Die im Minutentakt aktualisierten Zahlen erwiesen, dass der AfD-Mann fortlaufend seine Favoritenrolle aus dem ersten Wahlgang am 11. Juni bestätigte. Seine Prozente gingen leicht nach unten, lagen aber deutlich vor der des CDU-Mannes.

An dieser Ausgangssituation änderte sich nichts mehr. Der Trend zum ersten „blauen“ Landrat Deutschlands festigte sich. Doch fehlten am Schluss noch die Briefwähler-Stimmen. Auf dem Festgelände der AfD kommentierte immer wieder ein Moderator den Sachstand. Optimismus machte sich am Lautsprecher kurz vor 19 Uhr breit, doch auch ein gewisses Unbehagen, ob drei oder vier Prozentpunkte aus den Briefwahlergebnisse noch womöglich den Lauf der Dinge auf den letzten Pfiff drehen.

Für ihre Wahlparty hatte sich die AfD die Frankenbaude ausgesucht. Dicht an dicht stauten sich die Fahrzeuge mit Kreiskennern aus der gesamten Bundesrepublik in der Forschengereuther Straße. Ein Reinkommen aufs Gelände war nicht. Die Presse wurde von der Security abgeblockt, bekam den Rücken zugewandt – mitsamt dem Walhalla-Tattoo im Genick eines Aufpassers.

Allerdings nahm sich Robert Sesselmann einige Minuten Zeit für ein Gespräch mit der Sonneberger Lokalredaktion. Um 18.45 Uhr wusste er zwar, dass es auf ihn hinausläuft. Doch zugleich sein Erfolg eine womöglich sehr knappe Kiste wird.

Entsprechend gedämpft fiel zu dieser Stunde sein Statement aus zum sich nur allmählich abzeichnenden endgültigen Wahlsieg, der gegen 19.20 Uhr spruchreif war.

Der 50-Jährige äußerte der Redaktion gegenüber, egal wer Landrat ist, es sei nun dessen erste Aufgabe eine Rückkehr zur Sachpolitik einzuleiten und aufgerissene Gräben wieder zu verfüllen. Wobei der bisherige Landtagsabgeordnete die Schuld an den verhärteten Fronten einer „medialen Hetze“ zuschrieb. Die Berichterstattung gerade der Lokalzeitung kanzelte er als „unterirdisch“ ab. Mit Ratschlägen zur künftigen Kreistagsberichterstattung der Zeitung, die bitte ohne ideologische Scheuklappen daher kommen möge, geizte Sesselmann nicht.

Die Gegenfrage, ob nicht allein Sesselmann und die AfD die Härte des Wahlkampfs zu verantworten hätten, indem man eine Personalfrage, wer an der Spitze des Sonneberger Landratsamt rückt, aufgeladen hat mit vorrangig bundes- und weltpolitischen Themen? Bescherte dem Reporter nur neuerliche Schuldzuweisungen.

Dass die Schärfe des Wahlkampfs, der mediale Ton ihm gegenüber, ihm an die Psyche gegangen ist, merkt Sesselmann mehrfach gezielt an. Letzte Gewissheit, ob er das Amt des Landrats überhaupt antreten wird, werde es wohl erst dann geben können, wenn „nicht noch ein Anruf aus der Uckermark kommt“. Jenseits dieses indirekten Seitenhiebs auf Altkanzlerin Angela Merkel, flocht Sesselmann im nächsten Satz das Szenario einer drohenden Wahlanfechtung ein. Ihm sei nämlich zu Ohren gekommen, „in Effelder ist schon am Samstag gewählt worden“. Auf die Nachfrage, woher oder von wem dieses Gerücht eigentlich stammt, verzichtete Sesselmann auf erläuternde Details. Antreten werde er den Posten ansonsten selbstverständlich – „wir haben ja keinen Wahlkampf fürs Schaufenster gemacht“.

Apropos Fenster: Den Wahlsieg Sesselmanns rief der AfD-Gebietssprecher Falko Graf aus dem Fenster des Gesellschaftshauses um 19.25 Uhr hinaus. Hier hatten sich Journalisten von Printmedien, Funk und Fernsehen, aber auch Sonneberger Bürger, Stadträte und Kreistagsmitglieder versammelt um den Fortgang der Auszählung zu verfolgen. Der wurde auf eine Leinwand geworfen. Ein Ergebnis mitzuteilen, dazu brauchte es aber ein leistungsstarkes Handy. Das Netz war total überlastet.

Das mediale Aufgebot war riesig am gestrigen Sonntagabend in der Spielzeugstadt. Foto: Steffen Ittig

Und der Treppenaufgang, denn die Kamerateams eilten nach dem Endergebnis zur Eller, wo Jürgen Köpper den Wahlabend mit seinen Mitstreitern verbracht hatte. Der Thüringer CDU-Generalsekretär Christian Herrgott stärkte ihm den Rücken. Beide gaben nach dem Bekanntwerden des Endergebnisses ein kurzes Statement. Herrgott bedankte sich bei den Wählern von Jürgen Köpper, 4000 mehr als beim ersten Wahlgang. Allein, es hat nicht gereicht. Jürgen Köpper und Christian Herrgott stimmten überein: „Dies war keine Personenwahl wie sonst beim Landrat, sondern eine Abstimmung über die aktuelle Performance der Bundesregierung und ihre unsägliche Politik“. Man erkenne das Ergebnis an, es sei allerdings niederschmetternd.

Auf die Frage, ob er seinen Job als erster Beigeordneter des Landkreises weiterführen werde, antwortete Jürgen Köpper; „Fragen Sie mich das morgen!“

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