Der ehemalige Chef der Soko Peggy II, Wolfgang Geier, hat am zweiten Verhandlungstag die Arbeit dieser Kommission geschildert. Große Probleme habe man in Lichtenberg gehabt , weil ein großer Teil der Bevölkerung die Befragungen abgelehnt habe. Im Gegensatz zu den gestrigen Ausführungen des Verteidigers Michael Euler sagte Geier, dass man sich immer bemüht habe, eine "angenehme Vernehmungssituation für den sensiblen Beschuldigten" zu schaffen. Auf Ulvi sei man vor allem deshalb gekommen, weil dieser nach einer Vergwaltigung Peggys das "plausibelste Motiv" gehabt habe.

Man sei im Gegenteil besonders um eine ruhige Vernehmungsatmosphäre bemüht gewesen, weil man gewusst habe, dass Ulvi K. sonst sofort die Mitarbeit einstellen würde. Bei allen Vernehmungen, die er vom Nebenzimmer aus verfolgt habe, sei nur einmal geschrien worden, und dies sei Ulvis Verteidiger Wolfgang Schwemmer gewesen.

Geier berichtete, dass man von dem Geständnis besonders überzeugt gewesen sei, weil Ulvi gleich anschließend bei einer Begehung des angegeben Tatorts von sich aus den Stein gezeigt habe, über den Peggy auf der Flucht vor ihm gestolpert sei. Der Stein sei so mit Moos überwachsen gewesen, dass ihn die Kripobeamten gar nicht wahrgenommen hätten. Ein Video, das im Sitzungssaal gezeigt wird, beweist genau das Gegenteil. Dort sind es die Vernehmungsbeamten, die nach dem Stein fragen und dann sogar einen bestimmten Stein vorschlagen. Zuvor wurde ein Video gezeigt, in dem Ulvi und die Vernehmer schwer schnaufend in in einem steilen Waldstück bei Schwarzenstein stehen, wohin der verlegen lächelnde Ulvi die Leiche mit Freunden geschafft haben will. Sie finden allerdings nichts.

In ein schlechtes Bild stellt Wolfgang Geier den damaligen Verteidiger Ulvis Wolfgang Schwemmer. Der sei während der Tatrekonstruktionen seines Mandanten in den Urlaub gefahren und habe vorher in ein Aufnahmegerät der Polizei diktiert: „Herr K., wenn Sie geholt werden, gehen Sie mit und machen alles mit.“ Man habe dem Anwalt versprochen, dass man ihm die Videos von den Rekonstruktionen auf das Handy senden werde, erinnerte sich Geier. Dies habe aber nur einmal funktioniert, dann habe sich immer die Mailbox eingeschaltet. Zudem habe Schwemmer den Ermittlern gesagt, dass er „zu 75 Prozent“ davon ausgehe, dass Ulvi K. die Tat begangen habe.

Vor Geier hatte das Gericht den Profiler Alexander Horn gehört, der vor zwölf Jahren die Tathergangshypothese angefertigt hatte, der die Sonderkommission Peggy II folgte und die später im Geständnis von Ulvi K. wieder auftauchte. Horn erläuterte, dass man zu der Hypothese vor allem durch ein möglichst komplettes Bewegungsbild in Lichtenberg an jenem 7. Mai gelangt sei. Es sei um die Frage gegangen: „Wo treffen sich die beiden Geraden des Täters und des Opfers?“

Die Beamten seien sicher gewesen, dass Peggy K, an diesem Mittag gar nicht mehr bis nach Hause gekommen sei. Weder sei dort der Schulranzen abgestellt worden, noch habe das Kind wie üblich die guten Schuhe für die Schule ausgezogen und andere angezogen. Von anderen Zeugen habe man schon gewusst, dass sich Ulvi K. zu diesem Zeitpunkt auf einer Parkbank am Markt aufgehalten habe, an der Peggy auf ihrem Heimweg vorbeikommen musste. Zu diesem Zeitpunkt habe man auch gewusst, dass Ulvi K. Peggy vier Tage zuvor massiv missbraucht habe und daher Entschuldigungsbedarf hätte. Man sei davon ausgegangen, dass es sich nicht um einen geplanten Mord, sondern um eine Eskalation gehandelt habe. Vor allem wenn Opfer laut werden oder nach Hilfe rufen, sei es ganz typisch, dass ein Angriff gegen den Hals erfolge. Die Mehrheit der Sexualopfer werde erdrosselt. Da die Ermittler Ulvi K. eine „konsequente Leichenbeseitigung“ nicht zugetraut haben, seien sie davon ausgegangen, dass ihm aus der Familie dabei geholfen wurde.

Der Fallanalytiker bezeichnete es als nicht außergewöhnlich, dass 13 Zeugen Peggy nach der angenommenen Tatzeit noch gesehen habe wollen. Es sei in solchen Fällen sogar üblich. In anderen Vermisstenfällen seien die Opfer noch acht Wochen nach dem später festgestellten Todeszeitpunkt gesehen worden.

Soko-Chef Wolfgang Geier erklärte, dass er die Tathergangshypothese, wegen der das Verfahren wiederaufgenommen wurde, nicht in Auftrag gegeben hat. Er habe sogar erst kurz vor dem Verfahren aus der Presse erfahren, dass es eine solche Version des Tatablaufs gegeben habe, mit denen seine Kripobeamten in die Vernehmung gegangen seien. Er habe sich diese erst bei der Vorbereitung auf den neuen Prozess besorgen müssen. Im übrigen erfüllten die wenigen Sätze, die der Profiler Alexander Horn nach Hof gesandt habe, nicht das, was er sich unter einer Tathergangshypothese vorstelle. Weil es eine solche Hypothese gab, dies aber das Hofer Gericht nicht gewusst habe, fasste das Bayreuther Gericht den Wiederaufnahmebeschluss.



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