Heute ist Kuscheltier-Tag Sie beschützen nicht nur vor Monstern

Diese Liebe hält wirklich ewig: Niemand trennt sich innerlich von seinem Kuscheltier. Vom Kleinkind- bis zum Greisenalter tut es der Seele gut. Am 28. Oktober ist der offizielle „Tag der Kuscheltier-Liebhaber“. Wo könnte man besser daran erinnern als in der Welt-Spielwarenstadt Sonneberg?

 
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Erinnern Sie sich noch an Ihren Teddybären oder ein anderes Kuscheltier Ihrer Kindheit? Es war völlig klar, dass es sich um lebendiges und beseeltes Wesen handelt, dem man wirklich alles anvertrauen kann. Es hat uns beschützt in der dunklen Nacht und wenn wir einmal traurig waren. Klar, irgendwann kommen Freunde und Geliebte aus Fleisch und Blut – aber die sind nie so durchweg unkompliziert (und verschwiegen) wie die kuscheligen Wesen aus der Kinderzeit. Für alle, die nicht loslassen wollen, haben Kuscheltierfans den „Tag der Kuscheltier-Liebhaber“ erfunden, der jedes Jahr am 28. Oktober stattfindet.

An diesem Tag sollte man seinem kuscheligen Gefährten besondere Aufmerksamkeit zukommen lassen, da dieser einen wahrscheinlich schon das ganze Leben begleitet. Die Ursprünge dieses weltweiten Aktionstages liegen im Dunkeln. Das Lexikon sagt, dass es wohl eine Erweiterung des Teddybär-Picknick-Tages am 10. Juli ist, an dem man seinen Teddy zu einem Picknick im Freien einlädt – Amerikaner feiern den Tag ganz wild. Angeblich hat der malayische Zinnhersteller Royal Selangor in den den späten 1980er Jahren den Kuscheltier-Tag geschaffen, weil die anderen Kuscheltier schnell neidisch auf die Teddybären und ihre Vorzugsbehandlung wurden.

Den modernen Teddybär hat nachweislich Richard Steiff, Neffe von Margarete Steiff, erfunden. Er entwarf den Bären „55 PB“ im Jahr 1902 nach seinem Eintritt ins Unternehmen. Es war weltweit der erste Plüschbär mit beweglichen Armen und Beinen. Nun ist die Firma Steiff ein Name mit Weltruhm, aber Sonneberg war schnell der Geburtsort der meisten Plüschtiere auf dem Globus: 2400 selbstständige Betriebe produzierten zur Zeit von Richard Steiffs Erfindung Waren im Wert von jährlich 21 Millionen Mark – drei Viertel davon für den Export. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung des Landkreises Sonneberg lebte davon. Die Spielzeughersteller haben es – als ein Beispiel für viele Branchen in Deutschland – zur Weltgeltung geschafft. „Am Vorabend des Ersten Weltkrieges kamen aus dem Industriebezirk Sonneberg und Neustadt nahezu 40 Prozent der in Deutschland produzierten Spielwaren. Das entsprach 20 Prozent der Weltspielwarenproduktion“, berichtet die Autorin Reinhild Schneider.

Im neo-barocken Prachtbau des Deutschen Spielzeugmuseums in Sonneberg ist das alles nachzuerleben. Die Präsentation endet nicht mit der Hochzeit der „Welt-Spielwarenstadt“, sondern berichtet insgesamt über die globale Geschichte des Spielzeugs. Neben den rund 6000 in der ständigen Ausstellung zu sehenden Spielzeugen widmet sich die aktuelle Sonderausstellung „Ost und West im Kinderzimmer. Spielgewohnheiten im geteilten Deutschland“ der jüngsten Spielzeughistorie. Sonneberg war bis zum Ende der DDR ja auch der wichtigste Spielwarenhersteller zwischen Bad Salzungen an der Werra und Wladiwostok am Pazifik.

Wer seine Kindheit zwischen den 1950er und 1980er Jahren erlebt hat, findet hier freudige Erinnerungen an geliebte Spielsachen. In zwei Bereichen werden im Wechsel Ost- und Westspielzeug der einzelnen Jahrzehnte gezeigt. Zudem können die Besucher zu Mitgestaltern werden. Die Ausstellung ist noch bis zum 16. April 2023 zu sehen.

Wer durch die Säle streift, dem geht das Herz auf bei all den schönen Dingen, mit dem die Urgroßeltern gespielt haben und die Generationen nach ihnen. Eigentlich sollte man am „Tag der Kuscheltier-Liebhaber“ sein Lieblingsspieltier schnappen und ihm diese wunderbare Welt zeigen – aus Dankbarkeit für lebenslange Treue. Kuscheltiere haben übrigens freien Eintritt (sofern sie nicht allzu groß geraten sind).

Während wir rätseln, was unsere Liebesbeziehung zum Kuscheltier so unerschütterlich macht, haben sich fragende Wissenschaftler um ernsthafte Analysen bemüht. Erst einmal ist ihnen aufgefallen, dass 35 Prozent der (britischen) Erwachsenen noch immer mit einem Teddybär schlafen. Ein unbekannter Prozentsatz nutzt weitere Freunde wie Plüschaffen, Mäuse, Hasen ...

Psychologen sehen in Kuscheltieren „Übergangsobjekte“. Im ersten Lebensjahr fangen Babys an, sich selbst als eigenständiges Etwas wahrzunehmen und nicht mehr als Teil der Mutter. Ein Prozess der Abgrenzung beginnt. Damit die stärker wegfallende Nähe zur Mutter nicht so schwer wiegt, hilft das Kuscheltier. Abgesehen davon schützt es vor Monstern unterm Bett und hilft beim durch- oder wiedereinschlafen (womöglich ist das der Grund für die Popularität von Plüschtieren bei Erwachsenen).

Soziale Normen, verschiedene Rollen, wie Vater und Mutter, Lehrer und Schüler, aber auch Gefühle von Hass bis Liebe werden mit dem Kuscheltier durchgespielt. Seien Sie ehrlich: Auch Sie haben Ihrem Plüschtier ordentliches Benehmen beigebracht und es auch mal fürsorglich ermahnt.

Amerikanische Forscher haben festgestellt, dass Kuscheltiere Menschen helfen, die in eine neue Umgebung umziehen müssen – seien es Stundenten in einer neuen Stadt oder Senioren, die ins betreute Wohnen oder Pflegeheim übersiedeln. Kuscheltiere liefern emotionale Unterstützung in Phasen des Übergangs, nach Traumaerfahrungen oder dem Verlust eines geliebten Menschen.

Also spotten wir nicht über die Plüschtiere aus der Kindheit und die Menschen, die sich bis ins Alter an ihnen festhalten. Sie sind vermutlich psychisch stabiler als alle Lästerer.

Das Deutsche Spielzeugmuseum

Das Deutsche Spielzeugmuseum in Sonneberg zeigt im sanierten Erdgeschoss des Museumsaltbaus eine erweiterte Dauerausstellung und neue Sonderausstellungsbereiche. Nun lädt der einstige Museumskeller auf eine Zeitreise durch die Geschichte der Spielzeugherstellung Sonnebergs als Weltspielwarenstadt ein. Ein Mix aus historischen Exponaten, virtuellen Bildern und Animationen machen die Vergangenheit lebendig. Dabei begleiten Hör-Nischen durch die glamouröse Welt eines bekannten Verlegers zu Sonnebergs Blütezeit, beleuchten aber auch die Schattenseite der Spielzeugindustrie, deren Erfolg auf dem harten Arbeitsalltag der Heimarbeiter und deren meist kinderreichen Familien basierte.

Das Museum in der Beethovenstraße 10, ist dienstags bis sonntags sowie an Feiertagen von 10 bis 17 Uhr geöffnet, am Heiligen Abend und Silvester von 10 bis 13 Uhr, am Ersten Weihnachtsfeiertag und Neujahr von 13 bis 17 Uhr. Parkplätze befinden sich in der Marienstraße hinter dem Museum.

www.deutschesspielzeugmuseum.de

Buchlesung „Fräulein Steiff“ am 4. November

In ihrem neuen Buch  „Fräulein Steiff“ zeichnet die Autorin Maren Gottschalk das Leben einer ungewöhnlichen Frau und Unternehmerin nach: Margarete Steiff ist bis heute eine der erfolgreichsten Unternehmerinnen der deutschen Geschichte. Bereits zu Lebzeiten verkaufte sie Millionen von Plüschtieren mit dem „Knopf im Ohr“, beschäftigte hunderte Mitarbeiter. In ihrer Romanbiografie erzählt Gottschalk vom Leben der Spielzeugpionierin, deren Teddybär in diesem Jahr 120. Geburtstag feiert. Angesprochen auf die künstlerische Freiheit bei der Ausgestaltung von historischen Romanfiguren meint Gottschalk: „Das ist immer ein Balanceakt. Über den sensationellen Erfolg von Margarete Steiffs Unternehmen sind wir sehr gut informiert, aber über ihre Gefühle, ihre Träume und Sehnsüchte hat sie kaum etwas Schriftliches hinterlassen. Ich bin der Ansicht, dass ihre Handlungen Rückschlüsse auf ihr Inneres zulassen. Alles was ich an Szenen und Dialogen erfunden habe, entstand aus der Beobachtung der historischen Fakten. Natürlich ist das trotzdem subjektiv. Aber als Autorin einer Romanbiografie darf und muss ich meine Fantasie spielen lassen.“Die Autorin kommt mit „Fräulein Steiff“ am Freitag, 4. November, in die Stadtbibliothek am Bahnhofsplatz 1 in Sonneberg. Die Lesung beginnt um 19 Uhr. Der Eintritt ist kostenlos.

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